21.03.2023 Aufklärung zur Ukraine

Bild von Enrique auf Pixabay

ARTE zeigte heute eine zeitgeschichtliche Dokumentation über die Geschehnisse des letzten Jahrzehnts rund um die Ukraine. Sie beleuchtet die Ereignisse, insbesondere das Vorgehen Putins, überwiegend aus französischer, englischer und EU-Sicht – eher weniger aus deutscher Sicht.

Ich finde das sehr informativ und überzeugend!
Der Grund dafür ist, dass hier nicht irgendwelche Experten über Vorgänge und ihre Bewertungen sprechen, sondern dass alle gemachten Aussagen sich auf Original-Bilder beziehen und fast ausschließlich Menschen zu Wort kommen, die an den Abläufen (Verhandlungen) unmittelbar beteiligt waren. Das schließt zwar die Subjektivität von Einschätzungen nicht aus, angesichts der engen Verknüpfung mit den „echten“ Bildern und „echten“ Aussagen ist aber der Realitätsbezug kaum zu leugnen.

Ich kann nur wärmstens empfehlen, sich auf diesem Wege nochmal historisch „fit“ zu machen. Das hilft mit Sicherheit dabei, die aktuelle Situation – insbesondere den Standpunkt der Ukraine – besser zu verstehen.
Selbst wenn man sich an diese Bilder z.B. aus dem Jahr 2014 erinnert – mit dem heutigen Wissen kann man sie ganz anders würdigen.

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

15.03.2023 Kultur-Verbot?

Von Andrés Ibarra – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=74416762

Man kann es nicht bestreiten: Roger Waters (früher eine prägende Figur bei PINK FLOYD) fällt schon seit Jahren mit politischen Äußerungen und Aktivitäten auf, die man mit einiger Berechtigung als unangemessen, übertrieben, einseitig oder provokant bewerten kann. Während es in den vergangenen Jahren meist um Israel ging (dessen Politik er extrem kritisch gegenübersteht), hat er sich aktuell auch gegenüber Russland als sehr „einfühlsam“ gezeigt.
Roger Waters ist wohl auch insgesamt kein einfacher Mensch. Das Zerwürfnis mit den anderen Bandmitgliedern und die endlosen gerichtlichen Streitigkeiten um das Erbe von PINK FLOYD ist sicher nicht zuletzt auch ein Ergebnis seines streitbaren Charakters.

Aber – und darum geht es: Muss man einen solchen Künstler, der mit seinen multimedialen Bühnenshows unzählige Fans begeistert, mit einem Auftrittsverbot belegen? Um ihn für unliebsame Haltungen und Äußerungen zu „bestrafen“, die er in anderen Kontexten zeigt?

Ich finde: nein!
Angemessen wäre das nur für den Fall, dass er seine Veranstaltungen als Plattform für eine politische Propaganda benutzen würde, die eindeutig gegen rechtliche und ethische Normen verstoßen würde. Allein die Tatsache, dass bei seinen opulenten Video-Projektionen neben vielen anderen Symbolen auch ein Davidstern zu sehen ist, kann wohl kaum dieses Kriterium erfüllen.

Dieser Mann mag als Person unsympathisch und als politischer Mensch mehr oder weniger verpeilt sein: Als Künstler sollte er auftreten dürfen!

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

12.03.2023 Tagesgedanken täglich?

Bild durch KI erzeugt (DALL E)

Ich gebe zu: Das habe ich falsch eingeschätzt!

Es macht mir tatsächlich zu viel Druck, jeden Tag einen Post zu schreiben. Zwar finde ich das Ziel weiter reizvoll, die Umsetzung artet aber in Stress aus.
Das passt nicht zu meinen aktuellen Prioritäten.

Also: Es wird weiter Tagesgedanken geben – an den Tagen, die sich für mich persönlich dafür eignen.

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

„Kompass für die Seele“ von Bas KAST

Bewertung: 2.5 von 5.

Was würde wohl auf das sensationelle Erfolgsbuch „Ernährungskompass“ folgen?
Das fragte sich wohl mancher Beobachter des Sachbuch-Marktes. Ich selbst habe mich vor einigen Monaten dabei erwischt, gezielt nach einer Neuerscheinung des Autors zu suchen.
Jetzt ist es soweit – und die Spannung war groß.

Ausgehend von einer depressiven Krise, die – ausgerechnet(?) – kurz nach dem kometenhaften Aufstieg zum Bestseller-Autor einsetzte, hat sich KAST (wie auch beim ersten Buch) aus eigener Betroffenheit auf den Weg gemacht. Diesmal mit dem Ziel, ganz verschiedene Verfahren und Methoden zu untersuchen, die das Potential in sich tragen, psychische Beeinträchtigungen zu lindern bzw. das Risiko solchen Belastungen präventiv zu vermindern.
Das Kriterium für Auswahl der geschilderten Ansätze war dabei subjektiv: Zwar hat KAST das Feld wohl wieder mit der ihm eigenen Gründlichkeit beackert (durch Sichtung von zahlreichen Studien); in das Buch geschafft haben es aber nur die 10 Bereiche, von deren Wirksamkeit sich der Autor selbst überzeugen konnte (bzw. wollte).

Schon die Grobgliederung in drei Schwerpunkt-Teile lässt aufhorchen: Da gibt es einmal die körperbasierten Elemente (wie Ernährung, Bewegung, Schlaf, Naturkontakt), dann die psychischen Aspekte (Meditation, stoische Lebenseinstellung, Sozialkontakte) und am Ende – Überraschung! – den Einsatz psychedelischer Substanzen (insbesondere MDMA und Psilocybin).
Wow! Ein bekannter Bestseller-Autor schreibt für ein Millionen-Publikum einen „Kompass für die Seele“, in dem zwar der Begriff „Psychotherapie“ mehrfach fällt, diese etablierteste Methode zur Behandlung von psychischen Störungen (wie die von ihm genannten Depressionen und Traumafolgen) selbst aber gar nicht zum Thema wird. Statt dessen bekommen Ecstasy und sog „Zauberpilze“ ein ausführliches eigenes Kapitel, gespickt mit geradezu euphorischen Erfahrungsberichten, differenzierten Empfehlungen (und eher zaghaften Warnungen).
Gab es schonmal etwas Vergleichbares? Ich glaube kaum!

Doch fangen wir vorne an.
Mit Ernährung kennt sich KAST aus; das ist keine Überraschung. Doch auch in den anderen Kapiteln im Bereich „Körper und (psychische) Gesundheit“ beweist der Autor seine Stärken: Umfassende Recherche des aktuellen Forschungsstandes, gut nachvollziehbare Schlussfolgerungen und eine motivierend-eindeutige Art der Vermittlung. Man will am liebsten schon während des Lesens (oder Hörens) das Olivenöl aus dem Schrank holen , Omega-3-Pillen bestellen, durch den Wald joggen und seine Einschlaf-Routine neu ordnen.

Dann kommt die Psyche und man beginnt sich zu wundern: Wo man als Lesender vordringlich kompetent aufbereitete Informationen (und Erfahrungen) zu unterschiedlichen Ansätzen aus Psychotherapie, Beratung und Coaching (inkl. deren Wirksamkeit und Grenzen) erwartet, fährt KAST genau zwei Möglichkeiten auf, die Psyche aus der Krise zu helfen oder einer solchen vorzubeugen: die Praxis der Meditation und die Prinzipien der philosophischen Stoiker.
Bei allem Respekt vor den Potentialen dieser beiden Ansätze: Diese Betrachtung fällt gegenüber der Darstellung der körperbasierten Faktoren doch ziemlich stark ab.

Überraschend ist dann – wie schon angedeutet – das Gewicht der dritten Perspektive: der Einflussnahme auf psychische Befindlichkeit und Gesundheit durch psychoaktive Substanzen. Hier hat sich KAST offenbar voller Eifer und Experimentierfreude eingelassen und so eindrückliche Erfahrungen gemacht, dass seinen Ausführungen schon fast etwas Missionarisches anhaftet.
Sicher spricht nichts dagegen, über die erstaunlichen therapeutischen Effekte von MMDA und Psilocybin im Bereich von Depression und Traumafolgen zu berichten. Im Gegenteil: Das ist ganz sicher ein hochinteressantes Thema und die Konsequenzen für die zukünftige psychiatrische und psychotherapeutische Arbeit könnten durchaus erheblich sein.
Die Anwendung solcher Substanzen aber zum jetzigen Zeitpunkt einem breiten Publikum quasi als Eigentherapie alternativ zu Meditation, Sauna oder Ernährungsumstellung anzubieten, erscheint doch ein wenig abwegig (um es zurückhaltend auszudrücken).

Sollte jemand, der – wie in einem SPIEGEL-Gespräch bestätigt – keine eigenen Erfahrungen mit Psychotherapie gemacht hat (und sich daher diesem Thema nicht näher widmet), wirklich einen „Kompass“ für den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der psychischen Gesundheit schreiben? Wirkt das nicht ein wenig so, als ob man über die Unterwasserwelt schreibt, ohne jemals selbst einen Tauchkursus absolviert zu haben?
Es fällt auf, dass KAST (fast) ausschließlich Methoden anführt, die man (auch) ganz für sich alleine durchführen kann. Hier genau liegt der Unterschied zu dialogischen Verfahren, in denen Therapeuten, Beraterinnen oder Coaches eine Prozessbegleitung, eine Außenperspektive, Rückmeldungen und Korrekturen bieten. Warum soll das alles ungenutzt bleiben?

Selbst wenn seine Hinweise und Ratschläge im ersten Teil noch so sinnvoll und gut begründet sind und seine Darstellungsweise überzeugend rüberkommt – in diesem Buch wird ein extrem einseitiges und in keiner Weise repräsentatives Bild der psychosozialen Versorgungslandschaft und ihren Methoden gezeichnet.
Man sollte sich schon entscheiden: Entweder schreibe ich von meinen persönlichen Erfahrungen (und nenne das dann auch so), oder ich offeriere einen „Kompass“ – und damit ein halbwegs realitätsgetreues Abbild des untersuchten Bereiches.

Sieht von von dieser schwerwiegenden Einschränkung ab, kann man den ersten Teil des Buches uneingeschränkt empfehlen, ebenso die informativen und motivierenden Ausführungen über den Nutzen von Meditations-Übungen..
(Die Hörbuch-Version dieses Buches ist übrigens sehr gut gelungen; der Sprecher gibt die Intentionen des Autors glaubhaft weiter).

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

10.03.2023 Gesundheit digital

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Seit 20 Jahren wird versucht, unser Gesundheitssystem auf den Stand des digitalen Zeitalters zu bringen: also die elektronischen Speicher und Kommunikationsmöglichkeiten zu nutzen, um medizinische Informationen zu bündeln und jederzeit (auch im Notfall) verfügbar zu machen. Das würde extrem viel Geld (z.B. für Doppel- und Dreifachdiagnostik) und Zeit (für das Abfragen und Zusenden von Vorbefunden) sparen und das System damit effektiver und effizienter machen. Ganz nebenbei könnten auch echte Leben gerettet werden (weil z.B. Arzneiunverträglichkeiten jederzeit berücksichtigt werden können).

Die Frage, warum uns inzwischen fast alle europäischen Länder überholt haben, lässt sich kurz und griffig beantworten: deutscher Datenschutz-Wahn!
Bei uns wird nämlich über jedes noch so kleine theoretisch-denkbare Daten-Leck zehnmal intensiver diskutiert als über die enormen Vorteile der Digitalisierung für Gesundheit und Kosten.

Meine Prognose: Die aktuelle Lauterbach-Initiative wird scheitern. Sie wird zerredet und zerrieben werden von Bedenkenträgern und vermeintlichen Freiheitsschützer auf allen erdenklichen Seiten.
Worum es geht? Unser Minister will die digitale Gesundheits-Akte und -karte als Standard einführen. Wer das nicht will kann und darf widersprechen.
So logisch, so einfach! So notwendig, so überfällig!

Ich bin besonders gespannt, wie sich die „Freiheits-, Fortschritts- und Digital-Partei“ FDP in dieser Sache positioniert. Sollte sie sich auf die Bremser-Seite stellen, wäre jede Glaubwürdigkeit bzgl. eines Erneuerungs-Willes dahin.
Ob sich unser Kanzler hinter dieses – sicher nicht allseits beliebte – Projekt stellt?
Mal schauen.

Übrigens: Man kann sich schon längst aus eigener Initiative in das neue System begeben.
Das taten bisher ca. 1 % der Versicherten…

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

„Bewusstseinskultur“ von Thomas METZINGER

Bewertung: 4 von 5.

Der stark mit den Neurowissenschaften verbandelte Philosoph METZINGER hat mit seinem „Ego-Tunnel“ (2014) ein Standardwerk zum Stand der Bewusstseins- und Kognitionswissenschaften veröffentlicht. Viele später erschienenen Publikationen sind nicht wesentlich über die Erkenntnisse und Interpretationen dieses inspirierenden Buches hinausgegangen.
Entsprechend groß war die Spannung hinsichtlich seines neuen Buches, das ein bereits 2014 gesetztes Thema aufgreift und vertieft.

Der gesellschaftliche Kontext, in den METZINGER seine Ausführungen zur Bewusstseinskultur stellt, ist zunächst überraschend und irritierend: Es ist die unerbittlich heranrückende Klima-Katastrophe, die seiner Analyse nach realistischer Weise nicht mehr aufzuhalten ist. Dies sei zwar möglicherweise rein physikalisch noch möglich, nicht aber bei der Berücksichtigung der psychologischen, politischen und institutionellen Trägheiten.
Genau dies nimmt der Autor zum Anlass, darüber nachzudenken, wie wir als denkende und fühlende Wesen in den bevorstehenden Zeiten psychisch überleben können – und zwar auch dann, wenn demnächst klimatische und gesellschaftliche Kipppunkte (Panikpunkte) überschritten sein sollten.
Da muss man erstmal schlucken.

Doch es geht nicht nur um die Bewältigung des menschlichen Scheiterungs-Prozesses. Natürlich geht METZINGER davon aus, dass wir – solange es eben geht – an der Eindämmung der Klimawandel-Folgen arbeiten. Für uns reiche Länder bedeutet das: ein massives „grünes Schrumpfen“ zu bewerkstelligen und zu akzeptieren.
Hier könnte dann eine gelungene Bewusstseinskultur zu eine alternativen Sinngebung beitragen, die den Verlust der gescheiterten Wachstums-Konsum-Spirale auszugleichen versucht.

Was nun „Bewusstseinskultur“ genau sein könnte, stellt der Autor im Hauptteil seines Buches dar. Ganz grob gesprochen geht es einerseits darum, durch bestimmte (insbesondere meditative) Praktiken mehr Kontrolle über die eigene (gedankliche) Innenwelt zu erlangen und den Fokus auf grundlegende Erfahrungen des „Seins“ zu konzentrieren.
Parallel dazu sollen hinsichtlich der rationalen Erkenntnisversuche bestimmte Maßstäbe gelten, die einen gesellschaftlichen Konsens ermöglichen: Orientierung an Fakten, Empirie, Logik und einer ethischen Grundhaltung gegenüber allen empfindungs- und leidensfähigen Geschöpfen (einschließlich der zukünftigen Generationen).

Das klingt alles ehr abstrakt und es wird Zeit, etwas zum Denk-und Schreibstil von Thomas METZINGER zu sagen. Der Autor ist auf mehreren Ebenen so etwas wie ein „Grenzgänger“. Schon seit Jahrzehnten überschreitet er die Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen und hat maßgeblich dazu beigetragen, die Neurowissenschaften in die Philosophie zu holen (oder umgekehrt?). Aber METZINGER kratzt auch an anderen Tabus: Er ist nicht nur an asiatischen philosophischen bzw. spirituellen Traditionen interessiert, sondern meditiert seit langer Zeit intensiv und hat mit einer ganzen Reihe von psychedelischen (psychoaktiven) Substanzen recht nahe Bekanntschaft geschlossen.
Der Hintergrund: METZINGER sucht einerseits nach wünschenswerten alternativen Bewusstseinszuständen (darin sieht er eine potentielle Bereicherung), andererseits ist er dem inneren Kern, der Grunderfahrung des „bewussten Seins“ auf der Spur. Und diese ist seiner Erfahrung nach nicht nur sprachfrei, sondern beinhaltet auch eine weitgehende Auflösung des Ich-Bewusstseins.

Dies ist also der Hintergrund für die hier dargelegten Thesen und Vorschläge. Man muss also einkalkulieren, dass METZINGER die normale Alltagssprache schonmal verlässt, eigene Begriffs-Schöpfungen einbringt und insgesamt auf einem recht hohen Abstraktionsgrad argumentiert. Manches mag man sogar ein wenig schräg finden – wie seine Überlegungen zur Leidensfähigkeit von KI-Systemen (wobei die jüngsten Durchbrüche bei den ChatBots hier seine Kritiker vermutlich leiser werden lassen).
Jedenfalls ist das hier kein leicht lesbares Gute-Laune-Buch. Es geht nicht um esoterische Wellness-Angebote oder um Weltausstiegs-Szenarien. Der Autor ringt um eine Möglichkeit, mithilfe von (nicht-religiösen) spirituellen Praktiken die geistige Gesundheit in chaotischen Zeiten zu erhalten.
Kommen wir nochmal zu den Haltungen: METZINGER ist davon überzeugt, dass wir einen klaren Blick auf die Welt und in unseren Geist richten sollten. Wir sollten uns nichts vormachen, uns nicht ablenken oder durch irrationale Heilsversprechen trösten lassen. Für ihn führen sowohl rationales Denken als auch der Blick nach innen zu einer intellektuellen Redlichkeit. Diese mag zwar zu schmerzlichen Erkenntnissen führen, schenkt dafür aber eine weitgehend unverstellte Klarheit und geistige Reinheit.

Für die meisten Leser/innen (soweit sie noch nicht mit der Gedankenwelt des Autors vertraut sind) wird es in dem Buch immer mal wieder Stellen geben, an denen sie „aussteigen“. Metzinger mutet einiges zu, eben auch befremdliche Ideen. Für Menschen, die Meditation für eine esoterische Spinnerei halten, ist z.B. der Text sicher nicht geeignet. Die Suche nach dem innersten, puren Bewusstheitskern gehört sicher für die meisten nicht zu ihren vordringlichen Zielen.
Für alle, die rund um Philosophie, Spiritualität und Naturwissenschaft gerne die Erkenntnis- und Lösungsdimensionen erweitern möchten, bietet dieses Buch eine reich gefüllte Fundgrube.
Allerdings darf man nicht erwarten, dass hier eine Art Fortsetzung des EGO-Tunnels geboten wird: Neurowissenschaften stehen in diesem Buch eindeutig nicht im Mittelpunkt.
Es ist ein eher persönliches Buch eines klugen und tiefsinnigen Menschen, der angesichts des menschlichen Versagens um eine Minimallösung ringt – die selbst auch dann noch Sinn geben könnte, wenn das „große“ Scheitern nicht mehr aufzuhalten ist.

(Übrigens: Man kann auch als Einstieg das „Philosophische Radio“ vom 27.02.23 hören.)

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

08.03.2023 60 Jahre Pop- und Rockmusiker

Eigenes Bildmaterial

Wir sind es inzwischen gewohnt, dass bekannte Rock- und Popkünstler ihr 50. oder gar 60. Bühnenjubiläum feiern. Das bekannteste Beispiel dafür sind wohl die Rolling Stones.

Aber es gibt auch in Deutschland solche Bühnen-Dinosaurier: Achim Reichel gehört dazu.
Seine damalige Band „The Rattles“ wurde 1960 gegründet. 1966 standen diese sogar als Vorgruppe der Beatles auf deutschen Bühnen.
Gestern konnte ich den 79-jährigen Sänger und Gitarristen in der Essener Lichtburg sehen und hören.

Im Gespräch mit meinem Sitznachbarn (der mir vorher meine überzählige zweite Karte abgekauft hatte) haben wir – wie üblich bei solchen Gelegenheiten – unsere Musik-Biografien ausgetauscht: Wer hat wann welche Konzerte besucht? Hat man selbst mal Musik gemacht? Was bedeutet die Musik-Welt heute noch?

In solchen Momenten wird mir dann bewusst, wie tief doch diese subkulturelle Prägung in meine Biografie eingewoben ist. Beat- und Rockmusik hat mich seit dem 11. Lebensjahr (ich hatte eine ältere Schwester) durch alle Windungen meines privaten und beruflichen Lebens begleitet. Die gefühlte Nähe zu dieser Musik und auch zu einigen Interpreten hat eine Art tragende Säule in meinem Leben gebildet, die ganz unabhängig von allen anderen Veränderungen auch so etwas wie unangreifbare Zugehörigkeit und Identität gestiftet hat.
So gibt es jetzt – im Jahre 2023 – ein durchgängige Linie von den ersten Verzückungen vor dem Transistor-Radio (1965) bis zu aktuellen Konzertbesuchen und dem Trommeln auf den häuslichen E-Drums.
Das fühlt sich richtig gut an!

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

07.03.2023 Geschlechter-Gleichheit

Durch KI generiert (DALL-E von OpenAI)

Wie jedes Jahr um etwa diese Zeit geht es gerade mal wieder um die Gehalts-Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen. Die Argumente und Forderungen sind seit Jahrzehnten bekannt.
Worauf sich alle einigen können: Wenn gleiche Arbeit mit gleichen Qualifikationen erbracht wird, darf die Bezahlung nicht geschlechtsbedingt abweichen.

Mich interessiert gerade ein besonderer Teilaspekt:
Ein Teil des „gender pay gaps“ kommt bekannterweise dadurch zustande, dass Frauen (zeitweise) ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder einschränken (also in Teilzeit arbeiten). Das kann sich dann auch langfristig auf Karrierestufen und Gehälter auswirken.
Bei einem Teil der Frauen wird das dadurch bedingt sein, dass keine optimalen Ganztags-Betreuungsangebote zur Verfügung stehen. Hier könnte die Gesellschaft sicher noch nachbessern.
Aber: Was ist mit den Frauen, die sich aus eigenen persönlichen Motiven dafür entscheiden, eine Zeitlang andere Prioritäten zu setzen – obwohl es Alternativen gäbe. Gibt es solche Frauen nicht? Darf es die (aus ideologischen Gründen) nicht geben? Darf es die deshalb nicht geben, weil in unserer modernen „Gender-Welt“ auf gar keinen Fall biologische Faktoren (z.B. die Stillfähigkeit und hormonelle Unterschiede) für irgendeine gesellschaftlich relevante Dimension verantwortlich sein dürfen?

Es geht noch weiter: Muss eine Gesellschaft aktiv verhindern, dass geschlechtsspezifische (und möglicherweise biologisch mit-determinierte) Unterschiede entstehen – selbst wenn diese auf „freien“ Entscheidungen von erwachsenen Frauen beruhen, die sich vielleicht durch einen sehr basalen inneren Antrieb zum Ausleben ihres Mutterseins berufen fühlen.
Kann man also erst zufrieden sein, wenn der gender pay gap bei 0% liegt?
Für mich ein abwegiger Gedanke!

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

„Achtsam Morden im Hier und Jetzt“ von Karsten DUSSE

Bewertung: 2.5 von 5.

Karsten DUSSE hat mit „Achtsam Morden“ eine eigene Marke geschaffen, mit internationalem Erfolg.
Nach einem ersten Abbruch hier der zweite Versuch einer Annäherung.

Als Protagonist lässt der Autor einen Rechtsanwalt auftreten, der seinen Lebensunterhalt durch die Verbindung zum organisierten Verbrechen bestreitet. So lebt er in einer Art Grauzone zwischen einem Mainstream-Leben als getrennt lebender Vater und Ex-Ehemann und als Edel-Ganove, der sich nach Bedarf den (kriminellen und gewalttätigen) Ressourcen seiner Organisation bedienen kann.
DUSS setzt auch auf anderen Ebenen auf ungewohnte Kontraste und hat so jede Menge Aufmerksamkeit auf seine Romane gezogen: Er verbindet Versatzstücke aus der Psycho-Welt – Coaching, Therapie, Achtsamkeitskult – mit gewaltvollen (mörderischen) Handlungen gegenüber Gegnern, die auch aus dem kriminellen Milieu stammen (und daher offenbar keiner Schonung oder Mitgefühl bedürfen). Sein Erfolgsschlüssel liegt also in der überraschenden und befremdlichen Anwendung von Prinzipien der sanften Psycho-Szene auf handfeste Gewaltausübung.
Das Ganze ist eingebettet in eine egozentrisch-ironisch-zynische Grundhaltung des Protagonisten gegenüber seinen Mitmenschen. Die Grundbotschaft lautet: Man kann also achtsam böse sein!
Gleichzeitig beinhaltet der zu opulenten Detailschilderungen neigende Schreibstil Von DUSS eine augenzwinkerndes Distanzierung zu den Inhalten – so dass man das Ganze natürlich auch als einen tollen Spaß in Richtung „Schwarzer Humor“ betrachten kann (was die meisten Leser/innen vermutlich auch tun).

In dem hier besprochenen Buch geht es um die Bhagwan- und Tantra-Szene.
Der Anwalt gerät zufällig in eine dramatische Verwicklung, da sein Achtsamkeits-Coach plötzlich von seiner Bhagwan-Vergangenheit eingeholt wird. DUSS konstruiert auf diesem – reichlich ausgeschmückten – Hintergrund eine Art Krimihandlung, die natürlich wieder einen geschickt inszenierten Mord beinhaltet. Die Perfektion dieses Verbrechens und seine Vertuschung werden mit einem sarkastischen Zynismus zelebriert.

Man kann diesem Buch natürlich nicht jeden Unterhaltungswert absprechen. Es gibt so etwas wie Situationskomik, unerwartete Wendungen und sicher auch ein paar treffende und entlarvende Beobachtungen der von DUSSE besonders gerne bloßgestellten Milieus. Dazu gehören z.B. auch die „Öko-Spinner“ mit ihren Lastenfahrrädern und E-Autos (denen vermutlich auch der Autor selbst eher kritisch gegenübersteht).
Um den Hype um dieses Genre nachvollziehen zu können, muss man aber wohl etwas anders gestrickt sein als ich. Man muss grundsätzlich dazu bereit sein, Zynismus, Gewalt und Mord in einem bestimmten Kontext „witzig“ zu finden. Ich will das keineswegs moralisch verurteilen – es gibt eben unterschiedliche Arten von Humor und nicht jede/r ist so hypersensibel, die Inhalte solcher Bücher als letztlich doch eine Spur „menschenverachtend“ zu empfinden.
Das ist ganz sicher Meinungssache. Ich jedenfalls brauche keinen weiteren Einblick in die Welt des achtsamen Mordens.

05.03.2023 Es braut sich etwas gegen GRÜN zusammen

Es läuft nicht gut bei den GRÜNEN.

Die Partei bzw. ihre BundesministerInnen werden zunehmend zerrieben zwischen den Erwartungen und Ansprüchen der Parteibasis und den bremsenden Aktionen in der Ampel-Koalition. Dabei entsteht der Eindruck, dass hier neben inhaltlichen Gründen auch Parteistrategie eine Rolle spielt: Man will die GRÜNEN systematisch schwächen.

Die SPD hat ein großes Interesse daran, dass der Abstand zwischen den Wahlerfolgen von Rot und GRÜN wieder zunimmt, so dass das alte Bild der SPD als „Volkspartei“ wieder Geltung bekommen kann. Die FDP kämpft verzweifelt darum, überhaupt wieder in eine halbwegs vergleichbare Situation gegenüber den GRÜNEN zu kommen.

Das Ergebnis: Mutwilliger Streit durch Blockaden der FDP (insbesondere im Verkehrsbereich) und eine Kampagne gegen die Berliner GRÜNEN, denen die Verantwortung für den Schwenk der SPD zur CDU zugeschoben wird.

Es ist zu befürchten, dass hier Vertrauen und zukünftige rot-grüne Optionen verspielt werden. Für die dringend notwendigen Entscheidungen der nächsten zwei Jahre verheißt das nichts Gutes.

(Zu weiteren Tages-Gedanken)