“1Q84” von Haruki MURAKAMI (1 – 3)

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Was bringt jemanden dazu, einen Roman mit der Gesamt-Hörzeit von 47 Stunden innerhalb von ca. 3 Jahren ein zweites Mal zu hören?
Entweder handelt es sich um eine Stück genialer Literatur oder man unterliegt irgendeiner speziellen Sucht.
Ein wenig süchtig bin ich wirklich nach “meinem” Japaner (dazu auch hier). Aber jetzt soll es um diesen besonderen Roman (von 2012) gehen.

Es ist nicht ganz einfach zu erklären, warum dieser dreiteilige Roman so lang ist. Die Handlung ließe sich sicherlich auf einen mittellangen Band komprimieren. Doch entspräche nicht dem Erzählstil von MURAKAMI.
Der Autor liebt die Redundanz. Er webt und lullt einen geradezu ein in diese sehr besondere Welt des Jahres 1984. Und diese Welt besteht – typisch MURAKAMI – aus zwei Ebenen: einer “realen” und eine irgendwie “mystischen”.

Der Autor liebt das Spiel mit diesen beiden Dimensionen. Er betreibt es auf eine ganz besondere Weise: Er hat einen sehr nüchternen und sachlichen Erzählstil, liebt die Schilderung von Details und schafft durch die fast gebetsmühlenhafte Wiederholung von bestimmten “Kernaussagen” einen vertrauten Rahmen, in dem die Geschichte und der Leser immer wieder ihren Halt finden. Ein bisschen so, wie das wiederholte Aufgreifen von Grundthemen in einem musikalischen Opus.
Das Raffinierte dabei ist, dass er auch die fantastischen, irrealen Aspekte seiner Geschichte so unaufgeregt und selbstverständlich erzählt wie normale Alltagsabläufe. So gewöhnt man sich als Leser auch an abstruse Gegebenheiten bzw. Abläufe und akzeptiert sie als irgendwie “echt”.
Das ist nicht zu vergleichen mit einem “Fantasy”-Stil. Es ist das geradezu lautlose Einschleichen der Irrealität in den ganz normalen Alltag – und der Autor schafft es, dass man jeden Widerstand dagegen unterlässt. Man gibt sich hin – auch weil man durch die Redundanz fast in eine Art meditative Trance verfällt.

Ach so. Worum geht es eigentlich?
Es gibt zwei Protagonisten, zwischen denen ein – fast unerträglich weiter – Spannungsbogen aufgespannt wird.
Der eine ist ein junger Schriftsteller (Autoren lieben es offenbar, über Autoren zu schreiben), der durch seine halb-legale Mitarbeit dazu beiträgt, dass der fantastische Roman eines jungen Mädchens zu einem Bestseller wird.
Die junge Frau ist eine Fitness-Trainerin, die als Nebenjob bestimmte krimineller Handlungen vollzieht – im Dienste einer guten Sache.
Die schon in der Kindheit vorhandene Verbindung zwischen den beiden wird in einem komplexen Plot miteinander verwoben. Und wie das Schicksal so spielt vollzieht sich das mithilfe der – ziemlich abgedrehten – Fantasy-Erzählung des jungen Mädchens, die in die echte Welt hineinsickert.
Man könnte auch sagen: Fiktion wird zur Realität, Realität zur Fiktion. Und dann noch mal kräftig durchschütteln!

Das Gemisch ist irgendwie einzigartig! Man liebt es oder man hasst es.

Wenn man dieses Buch gelesen und genossen hat, unterscheidet man sich von allen anderen  Menschen durch eine Besonderheit: Man weiß, was es bedeutet, einen zweiten Mond am Himmel zu sehen. Er ist das Symbol für die “zweite” Ebene.

1Q84 fordert Ausdauer und Geduld. Es schenkt ein Leseerlebnis der besonderen Art.
(Wenn es mir vergönnt sein sollte, werde ich es vielleicht in zehn Jahren nochmal genießen).

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