“Der Vagus-Schlüssel zur Trauma-Heilung” von Gopal N. KLEIN

Bewertung: 2 von 5.

Dieses Buch befindet sich im Grenzgebiet zwischen seriöser, wissenschaftlich begründeter Lebenshilfe und übertriebenen, eher spirituellen Heilsversprechen.

Es startet mit physiologisch basierten Sachinformationen über das Phänomen der Traumatisierung, mit einem Schwerpunkt auf das, was der Autor “Bindungstrauma” nennt.
Er stellt dann die sog. “Polyvagaltheorie” dar, in der der Vagusnerv eine zentrale Rolle spielt. Der Aktivierung des Vagusnervs kommt dabei eine zentrale Rolle bei der Bearbeitung von Bindungstraumata zu.
Schnell (wirklich sehr schnell) kommt er auf seinen Lösungsvorschlag zu sprechen: die Heilung durch “Ehrliches Mitteilen”. Dieser Weg, dessen Ausführung den Großteil des Buches füllt, ist den anderen beiden Strategien (Autonomie und Verschmelzung) überlegen.

Leider überhöht der Autor seinen Ansatz zu einer allumfassenden Therapiekonzept und verliert so im Laufe des Buches jede Möglichkeit zur realistischen Einordnung bzw. Relativierung.
Er gibt im Weiteren ganz konkrete Anleitungen für das “richtige” Mitteilen – bis hin zu wörtlich zu übernehmenden Formulierungen.

Das natürliche Gegenüber für dieses Kommunikationsform ist der eigene Partner bzw. die Partnerin. Im Grunde würde es ausreichen, wenn eine solche Person zur Verfügung stände.
Der Autor hat aber auch Selbsthilfegruppen angestoßen, die einen fehlenden Partner ersetzen könnten.

Zunehmend schwierig sind im Laufe des Textes willkürlich erscheinende Aussagen zu allen möglichen Problemen, die KLEIN mit einer geradezu atemberaubenden Selbstgewissheit von sich gibt. Ein Beispiel: “Wenn du verlassen wirst, heißt das, dass du auf die eine oder andere Art deinen Partner oder deine Partnerin verlassen hast. Es ist nur ein Spiegel.” Oder: “Wenn es irgendwo in deinem Leben knirscht, dann liegt das immer an einer mangelnden Bindungsfähigkeit”.

Spätestens an solchen Punkten kann man einen Autor nicht mehr wirklich ernst nehmen. Dazu passt, dass KLEIN in seinem Prinzip auch noch ein geeignetes Mittel zur Transformation der ganzen Gesellschaft sieht.
Da wundert es nicht mehr, wenn sich KLEIN selbst als “spirituellen Berater” beschreibt.

Auf die Bedeutung einer authentischen Kommunikation in Beziehungen hinzuweisen, ist sicher eine gute Sache. Eine solche Kommunikation kann sicher auch heilende Wirkung haben. Was KLEIN aber hier aber als Gesamtkonzept anbietet, verlässt den Boden eines seriösen Ratgebertextes.
Da hilft auch das Vorwort von Gerald HÜTHER nicht.

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