“Die Natur auf der Flucht” von Benjamin von BRACKEL

Bewertung: 4 von 5.

Man kann sich der Klimakrise auf verschiedenen Wegen literarisch nähern. Viele davon sind in den letzten Jahren beschritten worden. Es wäre wohl nicht übertrieben, inzwischen von einer gewissen Sättigung des Buchmarktes zu sprechen.
Daher ist die Frage nach einem Neuigkeitswert oder einem Alleinstellungsmarkmal bei jeder weiteren Veröffentlichung durchaus berechtigt.
BRACKEL wählt den Weg der Spezialisierung. Er untersucht nur einen spezifischen Teilaspekt des Geschehens, aber das tut er mit aller Gründlichkeit.

Mit dem Begriff “Artensterben” sind wir alle seit einiger Zeit vertraut. Man denke nur an den “Insektenschwund”, insbesondere an die Sorge um die Bienen.
Der Journalist BRACKEL betrachtet die Auswirkungen des Klimawandels auf Tiere und Pflanzen aber noch eine Ebene grundsätzlicher: Vor dem Aussterben kommt nämlich in der Regel der Versuch einer Anpassung durch das Erschließen neuer Lebensräume.
Genau hier gräbt sich der Autor regelrecht ins Thema ein und liefert eine geradezu erschlagende Vielfalt von Erkenntnissen und Fakten.

Inhaltlich wird an zahlreichen Einzelbeispielen beschrieben, wie Arten infolge der Erwärmung allmählich in Zonen “wandern” (bzw. zu wandern versuchen), in denen sie passende Klimabedingungen vorfinden. Es wird betrachtet, wodurch solche Prozesse erleichtert bzw. erschwert werden, welche Folgen das für die bereits vorhandenen Populationen hat und wo die Grenzen der “Flucht” liegen. Auch die Auswirkungen auf die menschlichen Lebensräume und Wirtschaftsprozesse werden ausführlich betrachtet.
Anders gesagt: es geht um Bäume, Fische, Korallen, Insekten, usw.

Das Thema ist komplex. So werden z.B. unterschiedliche Konzepte von Schutzräumen für die Natur diskutiert: Wer käme z.B. schon von selbst darauf, dass bisherige Naturreservate dazu beitragen könnten, die notwendigen Anpassungsprozesse eher zu erschweren? Wer hat schon mal von dem erbitterten Streit darüber gehört, ob man bestimmte Arten planmäßig in einer neue Umgebung einbringen darf (um sie zu retten)?

Als Leser/in bewegt man sich permanent zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite geht es in biologische, klimatische und geografische Details, die einen interessierten Laien gerne auch mal überfordern; auf der anderen Seite werden die Detailbefunde immer wieder in größere Zusammenhänge gestellt und damit nachvollziehbar.
Der Gefahr, die Leser/innen durch Faktenfülle zu erschlagen, versucht der Autor vor allem mit einer Methode entgegenzuwirken: Er erzählt Geschichten, die das Ganze konkretisieren und personalisieren. Es werden Namen und Begebenheiten genannt, so dass die wissenschaftlichen Arbeit immer wieder ein menschliches Antlitz erfährt.

Als Resümee bedeutet das: Hier wird ein extrem faktenreiches Buch vorgelegt, das die Leser/innen mit einem großen Sprung in ein spannendes Umweltthema bringt. Soviel kompaktes Wissen ist bemerkenswert.
Aber trotz aller journalistischen Kunst: Der Text setzt ein überdurchschnittliches Interesse an den Feinheiten biologischer Prozesse voraus. Man muss z.B. schon bereit sein, sich auch mal mit den Unterschieden zwischen verschiedenen Hummel-Arten vertraut machen zu lassen.
Ich hätte es nicht an jeder Stelle so genau wissen müssen. Aber das ist – natürlich – ein subjektiver Eindruck.

Ist Habeck ein Weichei und ein schlechter Verlierer?

Kandidatenkür und ZEIT-Interview liegen zwar schon eine Woche zurück, noch immer wird aber breit diskutiert, ob sich Robert Habeck irgendwie “falsch” verhalten hat.
Hat er zu deutlich gesagt, dass er auch wollte? Hätte er sich und seine Gefühle wegen der enttäuschten Perspektiven nicht so wichtig nehmen dürfen? Wäre es nicht wichtig gewesen, Baerbock als die “eindeutig Bessere” darzustellen? War es nicht schofelig, die Wahl seiner Konkurrentin so eindeutig mit ihrem Geschlecht zu verbinden? Hätte er nicht einfach im Hintergrund bleiben müssen? War es zu forsch, davon auszugehen, dass er aufgrund seiner Qualifikationen und des Vorlaufs ein Teil der Regierungsmannschaft sein würde (einen Wahlsieg vorausgesetzt)?
Sechs Fragen, auf die ich sechsmal mit einem klaren “Nein” antworten würde!

Für mich war es stimmig, dass sich der oder die Andere nach der Entscheidung zu Wort meldet. Gehört es denn nicht zu dem angebotenen “neuen Politikstil”, dass auch die Sichtweise des Unterlegenen authentisch kommuniziert werden darf? Wenn ein Rennen so knapp ausgeht, wenn so viele Monate Energie und Herzblut geflossen sind, ist es für mich sowohl legitim als auch öffentlichkeitsrelevant, wie mit einem “Zurückstehen” umgegangen wird. Hätte man dieses Recht Baerbock nicht ganz selbstverständlich zugestanden?
Man will bei und von den GRÜNEN einen “anderen” Typ von Mann. Und der soll dann ausgerechnet im Moment der Entscheidung cool sein und keine Gefühle zeigen?

Jede/r weiß, dass es für die feministisch geprägten GRÜNEN ein Unding gewesen wäre, gegen zwei Männer einen weiteren Mann ins Rennen zu schicken. Das schließt nicht aus, dass Baerbock auch unabhängig davon eine gleichwertige oder sogar bessere Wahl gewesen wäre. Habeck war auch an diesem Punkt einfach nur ehrlich: Die Geschlechterfrage war ein zentraler Grund. So sind die GRÜNEN, dafür stehen sie, dafür schämen sie sich nicht. Als GRÜNER Mann trägt man das mit – was nicht heißt, dass es sich in jedem einzelnen Moment toll anfühlt. So what?

Warum hätte er denn verschweigen sollen, dass ihn seine politischen und administrativen Erfahrungen dafür prädestinieren, in einer GRÜN geprägten Regierung zur Kernmannschaft zu gehören? Wollte oder sollte das jemand bezweifeln? Hätte das im umgekehrten Fall jemand Baerbock streitig gemacht? Wohl kaum!

Für mich war die Stellungnahme von Habeck eine passende Abrundung des gemeinsamen Weges an diesem Punkt. Jetzt ist Sache allerdings durch. Das alles kann und darf einmal gesagt werden, aber ganz sicher kein Dauerthema werden.
Wird es auch nicht – wetten?

Annalena bei Anne

Anne Will hat sich vorbereitet. Sie stellt erst ganz normal ihre anderen Gäste vor, um dann die GRÜNE Kanzler-Kandidatin einer Sonderbehandlung zuzuführen: Ein “Einzelgespräch” – wohl eher als Kreuzverhör geplant.

Die vermuteten “offenen Flanken” waren keine Überraschungen: Es ging um die vermeintlichen Querschläge durch Habeck, um das eigene Kompetenzprofil (“fehlende Regierungserfahrung”) und um die angebliche Inkonsequenz bzw. Anpassung bei den Klimazielen.
Das Ergebnis: Auch durch wiederholtes Nachfragen konnte Anne Will keinen Punkt machen.

Bearbock war nicht nur sicher und klar in ihren Antworten, sondern bewies die Souveränität, Wills Fragen teilweise regelrecht dumm aussehen zu lassen. Sie hat so den Eindruck entstehen lassen, dass nicht sie sich für ihre Antworten rechtfertigen müsse, sondern eher die Moderatorin für ihre seltsamen Fragen.
So erschienen letztlich die Antworten logischer als die kunstvoll gesetzten Fragen.

Toll gemacht! Ein klarer Punktsieg für Annalena gegen Anne!

Warum nicht auf GRÜN-Rot setzen?

Es kommt wie erwartet: Die konservativen Medien schießen sich auf das (vermeintliche) Schreckgespenst GRÜN-Rot-Rot ein. Wenn man nun tatsächlich nicht mehr behaupten kann, die eigenen Kinder wegen der GRÜNEN Chaoten von der Straße holen holen zu müssen, sollen die LINKEN jetzt den Buhmann (die Buhfrau) geben.
Dieser Rollenzuschreibung werden sie ja – zumindest teilweise – auch gerecht; insbesondere im Bereich der Außenpolitik.
Nun wird in jedem Interview danach gelechzt, ob und wann endlich eine Aussage für oder gegen eine mögliche Koalition mit den LINKEN fällt.

Meine Meinung: Keep cool! Warum sollte nicht GRÜN-Rot (gemeint ist das zarte Rot der SPD) ein erwünschtes und realistisches Wahlziel sein? Warum sollte es nicht gelingen, ein 30% GRÜN mit einer 20% SPD zu bekommen?

Hintergrund für diese Überlegung ist Folgendes: Die Leute (der bürgerliche Mainstream) wollen sicher kein Doppel-Experiment; d.h. sie wollen nicht gleichzeitig eine junge und relativ unerfahrene Kanzlerin und das Abenteuer einer LINKEN Regierungsbeteiligung.
Aber was die “MItte” durchaus akzeptieren könnte, wäre ein Vizekanzler Scholz mit seiner Seriosität und seiner großen Erfahrung.

Ich schlage also vor, aktiv auf dieses Bündnis zu setzen; nicht durch Ausschließen anderer Koalitionen, sondern durch eine offensive Kommunikation.
Seit dieser Woche ist dieses Ziel ein ganzes Stück realistischer geworden. Es wird Zeit, das auch so zu benennen. Hinter dieser Perspektive könnte sich die gesamte linke Mitte und das GRÜN bewegte Bürgertum versammeln.
Und auf einmal wären weder die LINKEN noch die FDP so besonders interessant…

“Vorausschauend durchs Leben” von Christian SCHOLL

Bewertung: 3 von 5.

Dies ist keine hochprofessionelle Publikation eines etablierten Verlages, sondern eher das persönliches Projekt eines engagierten Selfpublishers. Der Autor hat mir freundlicherweise seinen Text zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt.

SCHOLL hat in diesem Buch eine Menge zusammengetragen: Informationen, Meinungen bzw. Ratschläge verschiedenster Experten und persönliche Erfahrungen, Einschätzungen und Überzeugungen.
Die Inhalte betreffen Themenkomplexe, die sich vielleicht unter dem Titel “bewusste Lebensführung” zusammenfassen ließen; es geht um Gesundheit, Zufriedenheit, Nachhaltigkeit, Work/Life-Balance, Altersvorsorge und letztlich auch um die Frage nach dem persönlichen Lebenssinn.
Das Buch ist in drei Abschnitte aufgeteilt, die sich jeweils einem Lebensabschnitt widmen.

Im ersten Teil geht es mit den biologischen Ausgangsbedingungen des Menschen los: Dieser startet bekannterweise sehr unfertig und bedarf länger als alle anderen Lebewesen intensiver Pflege und Fürsorge. Der Autor kommt aber dann rasch auf grundsätzliche Fragen zu langfristigen Zielsetzungen: Er möchte schon im ersten Lebensdrittel ein Bewusstsein dafür wecken, worauf es im Leben ankommt. Dabei stellt er die Fixierung auf ein rein materielles Streben in Frage und gibt – z.T. recht konkrete – Hinweise auf Möglichkeiten einer nachhaltigen Lebensführung.

Auch der zweite Teil wirft einen kurzen Blick auf die körperlichen Bedingungen; diesmal geht es um das allmähliche Einsetzen der Alterungsprozesse. SCHOLL rät dringend davon ab, Gesundheit und Lebensqualität einer Orientierung an Karriere-Zielen unterzuordnen. Er verweist auf die Notwendigkeit, sich bewusst Prioritäten zu setzen, erinnert an soziale und emotionale Bedürfnisse und gibt Anregungen z.B. in Richtung Meditation und Entspannung.

Der Trend zu konkreten Anleitungen setzt sich im dritten Teil des Buches weiter fort. Hier geht es nun endgültig um das gesunde und erfüllte Älterwerden. Dabei stehen Ernährungstipps im Vordergrund (sogar mit detaillierten Rezepten); die Rede ist aber auch von Bewegung, Schlaf, altersgerechter Wohnumgebung und technischen Hilfsmitteln.
Doch es dreht sich nicht alles um den Einzelnen: Der Autor vergisst nicht zu erwähnen, dass (ehrenamtliches) Engagement für andere bzw. für die Gesellschaft allen zugute kommt, letztlich auch durch persönliche Sinnstiftung.

Stellenweise liest sich SCHOLLs Buch wie ein sorgfältig recherchiertes Sachbuch – das übrigens mit jeder Menge detaillierten Quellenangaben aufwarten kann. An anderen Stellen hat man eher den Eindruck, dass ein nachdenklicher und gut informierter Mensch seine ganz persönlichen Lebensweisheiten weitergeben möchte.
Vielleicht ist es diese Uneinheitlichkeit des Stils, die den Text immer mal wieder ein wenig brüchig erscheinen lässt. Man ist doch als Leser manchmal überrascht, wenn neben Zitaten und Bezügen von bekannten Autoren (z.B. Precht, Harari) plötzlich eine Anleitung zum Yoga oder zur Herstellung eines Nasensprays angeboten wird.

Wem kann ich dieses Buch empfehlen?
Nun, es gibt bestimmt eine Gruppe von Lesern, die von den Ideen und Anregungen dieses Textes profitieren können. Das könnten m.E. insbesondere Menschen sein, die bisher nicht die Muße (oder das Geld) hatten, sich Informationen zu den angesprochenen Themen aus den verschiedenen Originalquellen zu verschaffen.
SCHOLL bietet mit diesem Text einen niederschwelligen Einstieg in die Selbstreflexion über Lebensziele und Lebensführung. Für manche Leser/innen könnte gerade der sehr persönliche Stil – mit seinen Ecken und kleinen Ungereimtheiten – der passende Zugang sein.

“Lieben heißt wollen” von Holger KUNTZE

Bewertung: 3.5 von 5.

Der Paartherapeut KUNTZE verfolgt mit seinem Buch eine Mission. Er kämpft für die – oft übersehene oder als langweilig belächelte – Alltagsliebe.
Ich möchte mich zuerst dem – schon etwas ungewöhnlichen – Aufbau des Buches zuwenden, um mich dann in einem zweiten Schritt bestimmten Inhalten zuzuwenden.

Doch vorweg etwas zum Stil des Textes: Der Autor positioniert sich ganz nahe am Leser bzw. an der Leserin, spricht ihn/sie immer wieder direkt an, motiviert und appelliert.
Es ist ein Ratgeber-Buch – und genau so versteht KUNTZE auch seine Rolle. Sprachlich wechselt er zwischen der direkten Ansprache und dem solidarischen “Wir”; zwischendurch übernimmt er dann die Funktion des Informationsvermittlers und Erklärers.

Es überrascht, wenn ein Ratgeber von ca. 230 Seiten die ersten 70 Seiten für Abgrenzungsfragen benutzt. KUNTZE (er)klärt nämlich zunächst die Bedingungen, die für das eigentliche Arbeiten mit diesem Buch vorliegen sollten:
– Der Partner sollte kein Suchtproblem haben, keine Störung der emotionalen Impulskontrolle haben, nicht passiv-aggressiv und kein Narzist sein.
– Die Partner sollten biographische Ausgangslagen bzw. grundlegende Beziehungsziele haben, die grundsätzlich miteinander kompatibel sind.
– Sie sollten miteinander zu vereinbarende Vorstellung von Nähe/Autonomie und Stabilität haben.
Was KUNTZE aber – sozusagen als Motto oder Warnung – über alles stellt: Wer auf der Suche nach der ewigen Verliebtheit ist, den immer neuen rauschhaften Kick sucht und all das mit Hilfe dieses Buches in seine Dauerbeziehung integrieren möchte, der/die braucht erst gar nicht zu beginnen; das Scheitern wäre unvermeidlich.

Im eigentlichen Arbeitsteil des Buches geht es um die Veränderung von Einstellungen, die Bewusstmachung von Zielen bzw. Werten und das Ermutigen zu neuen Verhaltensoptionen. Kurz gesagt: Der Autor will sein Publikum zu kompetenteren Beziehungspartnern machen – was dann wiederum zu einer höheren Zufriedenheit führen soll.
Auf dem Weg dahin werden Teilaspekte von Liebesbeziehungen (Leidenschaft, Gemeinschaft, Freundschaft) besprochen, die verschiedenen Ebenen der Begegnung (Körper, Handlung, Sprache) erklärt, eindrücklich auf die Normalität von Unterschiedlichkeit zwischen den Partnern hingewiesen. In den Abschlusskapiteln geht es um Kommunikation und Sexualität.
Der Autor bietet zu allen relevanten Punkten Übungen an, die insbesondere in Form von Selbstreflexion (als Antwort auf bestimmte Fragen) stattfinden. Immer dann, wenn es um das Finden von verschiedenen Möglichkeiten geht , stellt er eine bemerkenswerte Zahl von Beispiel-Alternativen zur Verfügung.

Dieser Beziehungs-Ratgeber kann vor allem den Paaren Mut machen und sie aktivieren, die sich angesichts ihres unspektakulären Alltags eher auf der Verliererseite fühlen. Beim Lesen dieses Buches muss man sich nicht mit den Traumpaaren aus Hollywood messen. KUNTZE macht die leisen und beständigen Dinge groß: Verlässlichkeit, stabile Zuwendung bzw. Unterstützung und vor allem ein tiefes freundschaftliches Interesse am Wohlergehen und am Wachstum des/der anderen. Der Autor traut sich, Verzicht und Selbstbeschränkung als Tugenden zu benennen und einzufordern. Klingt nicht besonders modern, ist aber sicher nicht verkehrt.

Mir ging – um den wichtigsten Kritikpunkt anzusprechen – die Abgrenzung zwischen “Verliebtheit” (als Gefühl) und “Liebe” (als Entscheidung) ein wenig zu weit. Zwischendurch beschlich mich beim Lesen das Gefühl, dass kaum noch zwischen “Beständigkeit” und “Liebe” unterschieden wird. Nicht jeder “ruhige Fluss” ist auch ein Strom der Liebe, und die Sehnsucht nach mehr Intensität ist nicht immer eine naive Illusion in Richtung ewiger Verliebtheit. Da gibt es noch ein paar Zwischentöne…
Der Autor formuliert außerdem manchmal etwas sehr bestimmt. Er liebt Struktur und Klarheit und erweckt hin und wieder den Eindruck, als ob seine Kategorien Wahrheitsrang besäßen. Eine Prise Selbstbescheidenheit könnte da helfen…

Das ändert nichts daran, dass KUNTZE hier einen hilfreichen und sensibel geschriebenen Ratgeber vorlegt, der sich auf eine angenehme Art dem Optimierungswahn widersetzt. Gerade Partnerschaften, die schon “in die Jahre” gekommen sind, können sich aufgewertet fühlen und finden jede Menge Anregung, die Paar-Zufriedenheit zu vergrößern.

20.04.: GRÜNE liegen vorn!

Es gibt sie also, die erste Umfrage, in der die GRÜNEN deutlich vor der Union liegen.
Es handelt sich um eine gerade bei SPIEGEL-online veröffentlichte Forsa-Blitzbefragung, in der nicht nur ein Vorsprung von 7 Prozentpunkten für die Partei, sondern auch ein extrem positives Stimmungsbild für Baerbock ermittelt wurde: Sie schlägt in dieser Momentaufnahme alle Mitbewerber um Längen.

Das alles darf nicht überbewertet werden, natürlich nicht. Der aktuelle Frust über das peinliche Schauspiel der CDU/CSU wird wieder abflachen. Das Rennen geht erst los und man wird sich jetzt auf die GRÜNEN und ihre Kandidatin einschießen.
Aber: Es ist doch ermutigend, dass zu Beginn des Wahlkampfes der Ausgang absolut offen ist. Eine GRÜNE Kanzlerschaft ist kein abwegiger Traum mehr, sondern eine erreichbare Option.

20.04.: Das GRÜNE Urgestein im Gespräch

SPIEGEL-online veröffentlichte heute ein sog. “Spitzengespräch” mit Claudia Roth. Sie repräsentiert wohl wie keine andere GRÜNE die Geschichte dieser Partei, insbesondere auch ihre schrille und feministische Seite. Roth war ganz früh dabei, ca. 10 Jahre Bundesvorsitzende, und stellt mit ihrer gefestigten Rolle und ihrer Lebensleistung so etwas wie den Gegenpol zur jungen Senkrechtstarterin Baerbock dar.

Dem SPIEGEL-Journalist Feldenkirchen (inzwischen auch gern gesehener Talkshow-Gast) gelingt es, in einem launigen Gespräch dem Gegenüber sowohl interessante politische Aussagen als auch sehr persönliche bzw. nostalgische Reminiszenzen zu entlocken.

Inhaltlich lässt Roth keinen Zweifel daran, dass sie voll hinter der aktuellen Parteiführung und dem Auswahlverfahren steht. Über die Benennung einer Kandidatin ist sie ohne Zweifel sehr glücklich, lässt es aber an mehrfachem und ausdrücklichem Lob für Habeck nicht mangeln: Habeck sei eben als moderner GRÜNER eine andere Sorte Mann als die Gladiatoren bei der Union.

Ein lohnendes Gespräch mit lebendigen Einblicken in die Frühzeit der GRÜNEN und einen etwas anderen Zeitgeist.
Abzurufen hier

Die erste Talkshow zu Baerbock

Plasberg hatte heute bei “Hart aber Fair” die Chance, einen historischen Moment der bundesdeutschen Parteigeschichte zeitnah zu begleiten und einzuordnen.
Das Ergebnis: jämmerlich!

Statt sich der von den GRÜNEN ausgehende Einladung zu einem gesellschaftlichen Aufbruch zu widmen, ließ er eine total langweilige und ausufernde Diskussion über Steuererhöhungen vom Stapel, wie wie sie in ähnlicher Form und mit gleichen Argumenten schon viele Male gelaufen ist.

Mein Urteil: Thema verfehlt, Chance vertan!

Kandidaten-Auswahl

Ja, ich hatte mir ursprünglich Robert Habeck gewünscht. Für mich wäre es eine attraktive Perspektive gewesen, einen Intellektuellen (Schriftsteller, Philosophen) im Kanzleramt zu erhoffen.
Aber unter den gegebenen Bedingungen konnten die GRÜNEN wohl nicht anders entscheiden als für eine moderne, junge und sehr kompetente Frau als Gegenpol für zwei etablierte Herren.
Danken muss man der CDU/CSU für die perfekte Darbietung eines Kontrast-Programmes beim Auswahl-Verfahren.

Die Antritts-Rede hat mich inhaltlich und stilistisch überzeugt. Es hat mich auch emotional gepackt, weil ein Hauch von Geschichte zu spüren war, eine Art Mini-Obama-Gefühl. Heute könnte ein Kapitel aufgeschlagen worden sein, das sich prägend auf das ganze kommende Jahrzehnt auswirken könnte.
Das macht Hoffnung!

(Nachbemerkung: Dieser Beitrag ist der Auftakt zu einem neuen Schwerpunkt; weitere Infos hier: “Der GRÜNE Blog“)