09.02.2020

Ich will niemanden mit dem Thema “Thüringen” langweilen. Aber eine Bemerkung muss ich doch noch loswerden.

Es ist eine ziemliche Dreistigkeit vom FDP-Chef Lindner, dass er – nach genau zwei Tagen demonstrativer Zerknirschung – heute schon wieder geradezu provokativ in Erscheinung tritt.

Er begründet tatsächlich seinen Vorschlag, statt des Vertreters der stärksten Fraktion (den bisherigen, sehr beliebten Regierungschef Ramelow) einen “unabhängigen” Kandidaten zu wählen, damit, dass dies in der “extrem empfindlichen Situation” das Land eher beruhigen könnte.
Dass ist wirklich unfassbar dreist – angesichts der Tatsache, dass man diese chaotische Situation mit der Aufstellung eines eigenen Kandidaten selbst ausgelöst hat. Man traut sich schon wieder, das eigene dumme und/oder gefährliche Spiel für eigene Taktierereien zu instrumentalisieren.

Da hat einer ja wirklich total viel dazugelernt; die Demut tropft ihm förmlich aus den Knopflöchern….

“Die Geschichte der Bienen” von Maja Lunde

Manchmal zögere ich mit dem Schreiben einer Buchbewertung, weil ich eine Art “soziale Hemmung” spüre. Diese Zurückhaltung bezieht sich auf Bücher, die gerade – entweder wegen des Themas oder wegen des Autors/der Autorin besonders beliebt sind. Und wenn es sich dann noch um einen Bereich dreht, dem auch meine Sympathie gilt, erscheinen mir dann kritische Anmerkungen irgendwie “verkehrt” zu sein. Fast ein bisschen gegen mich selbst gerichtet.
Das hier ist so ein Buch.
Um es gleich vorweg zu sagen: Ich habe es abgebrochen.

Jeder halbwegs aufgeklärte Mensch macht sich Sorgen wegen der Bienen. Überhaupt ist das Artensterben eines der großen Umweltprobleme. Was liegt da näher, als einen Roman rund um die Bienen zu schreiben?!

Die Grundidee des Buch des ist super: Es werden drei unterschiedliche historische Settings konstruiert (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft), die – natürlicherweise – ganz verschiedene Perspektiven auf die Bienen-Thematik ermöglichen.
In der alten Welt geht es um die Erforschung des Gegenstands, in der aktuellen Welt um die ersten konkreten Hinweise auf das Bienensterben, in der Zukunftswelt wird ein erschreckendes Szenario gestaltet, in dem menschliche Arbeitssklaven die Bestäubungsarbeit übernehmen müssen.
Zu jedem dieser drei Settings wird eine Rahmenhandlung entworfen, in der es um alle möglichen (überwiegend) familiäre Beziehungen und Konflikte geht.

Das Problem (aus meiner Sicht): Diese jeweiligen Rahmengeschichten überzeugen weder inhaltlich noch sprachlich.
Die Handlungsstränge ziehen sich endlos hin. Die Spannungbogen, die durch den regelmäßigen Wechsel der Perspektiven offenbar erzeugt werden soll, funktioniert nicht, weil zwischendurch einfach kaum etwas passiert.
Die Figuren überzeugen nicht; ihre Selbstbeschreibungen passen irgendwie nicht zu ihren Persönlichkeiten.
Die Sprache ist gewöhnungsbedürftig; für mich langatmig und gestelzt.

Letztlich tat es mir leid um die Bienen, deren Schicksal ich nicht zu Ende verfolgt habe. Ich musste mich zu sehr quälen mit den Personen, die mir nicht wirklich ans Herz gewachsen sind.
Vielleicht finde ich mal jemanden, der mir in ein paar Sätzen erzählt, wie sich das Ganze letztlich entwickelt hat. Aber wenn nicht, wäre es auch nicht schlimm…

Natürlich gibt es schon ein Nachfolgewerk dieses internationalen Bestsellers: Es geht um Wasser; auch ein total bedeutsames Thema.
Ich werde lieber ein Sachbuch dazu lesen…

08.02.2020

Ich habe es schon ein paar mal in verschiedenen Kontexten gesagt – und nach der Thüringen-Woche ist es wohl jedem klar geworden:
Wir brauchen eine Partei für die “anständigen Konservativen” – damit diese nicht in rechtslastigen Gruppierungen landen.

Wenn es nach mir ginge, würde ich die Parteienlandschaft ganz neu ordnen:
– Die GRÜNEN (können gerne so ähnlich bleiben)
– Die linken SPD-Mitglieder sollte mit den “Realo-Linken” verschmelzen und eine vernünftige, wählbare linke Partei bilden
– Die etwas konservativeren SPD-ler sollten mit der liberalen, modernen CDU fusionieren (die wollen sowieso das gleiche…). Das wäre dann die “Neue Mitte” (NM).
– Die konservativen CDU-ler sollten den anständigen Anhängern der AfD eine Heimat bieten (WK = Wert-Konservative)
– die FDP wird nicht mehr gebraucht, weil es bei den GRÜNEN, der (neuen) Linkspartei und der Neuen Mitte genug liberale Elemente und bei der WK genug Wirtschaftsfreundlichkeit gäbe.

Wenn ich gerade dabei bin: Natürlich darf es so lange ausschließlich grüne Kanzler/innen geben, bis die Klima-Krise überwunden ist (aber das ist ja logisch…).

“Alles könnte anders sein” von Harald Welzer

Harald Welzer gehört inzwischen zu den etabliertesten Experten, wenn es um Fragen der gesellschaftlichen Risiken und um Trends auf dem Weg zur Nachhaltigkeit geht. Regelmäßig wird seine Meinung in Nachrichten- und Magazinsendungen eingeholt. Seine Bücher “Selbst Denken” und “Die smarte Diktatur” gehören zu den Standardwerken der aktuellen kritischen Gesellschaftsanalyse.

Es geht Welzer schwerpunktmäßig darum, nicht nur Fehlentwicklungen zu beschreiben und Veränderungsziele zu definieren; er will aufrütteln und zum konkreten Handeln motivieren. Sein Ziel: Statt Katastrophenszenarien zu verbreiten oder über die Notwendigkeit eines Systemwechsel zu schwadronieren will er konkrete, bereits vorhandene, Initiativen nutzen, um eine “schrittweise Transformation” anstoßen.

Welzer will eine “Utopie für freie Menschen”. Was das bedeutet, macht der Autor sehr eindrücklich und mit großem Engagement deutlich.
Es geht u.a. darum:
– ein nachhaltiges (lokales und gebremstes) Wirtschaften zu entwickeln
– sich der Überwachung und Manipulation der Internet-Konzerne zu entziehen
– das analoge, soziale Leben zu beleben, statt überflüssige “smarte” Welten zu entwickeln
– Städte autofrei und bewohnbar zu machen
– Arbeitszeiten drastisch zu reduzieren
– ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen
– ein mündiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, dessen Sinn nicht in grenzenlosem Konsum liegt

Welzer ist ein Kämpfer für eine “bessere” Welt. Fast alles, was er will und wofür er seine Argumente ins Feld führt, ist sympathisch, menschenfreundlich und zukunftsträchtig. Harald Welzer ist aber auch recht überzeugt von sich selbst; Zweifel und vorsichtiges Abwägen gehört nicht zu seinen hervorstechenden Eigenschaften.
Manchmal gehen die Pferde mit ihm durch. Fast jede/r Leser/in wird in diesem Buch die ein oder andere Stelle finden, an der er/sie aussteigt. Bei manchen wird es die “Welt ohne Grenzen” sein, für andere das Grundeinkommen, oder die Arbeitszeit von maximal 15-20 Wochenstunden.
Vermutlich wird das der Autor eingeplant haben; es wird ihn nicht irritieren. Er ist sich seiner Sache sicher. Und das vor allem deshalb, weil er eben kein fertiges Konzept oder eine konsistente Ideologie auf dem Plan hat, sondern alle möglichen realen Ansätze nutzen und kombinieren möchte.

Bei aller Sympathie: An einer Stelle verrennt sich Welzer wirklich zu weit. Er schimpft wie ein Rohrspatz über die Klimaaktivisten, die durch ihre “Endzeit-Parolen” angeblich die Menschen entmutigen und in eine Schicksalsergebenheit treiben.
Bei allem Respekt: Hier merkt man dann, dass sich Welzer den Erfolg der Fridays for Future-Bewegung einfach nicht vorstellen konnte. Und gegen die Benennung von kritischen “Klima-Kipp-Punkten” zu wettern, weil dies seiner Ermutigungs-Strategie nicht in den Kram passt, zeugt auch nicht gerade von Toleranz und Weitsicht.

Welzer ist – wie gesagt – ein leidenschaftlicher Kämpfer für die gute Sache. Ihm sei daher verziehen, dass dazu auch eine Portion Selbstgewissheit gehört. Vermutlich ist das eine seiner Energiequellen. Geschenkt!

Das Buch ist voller Anregungen und guter Beispiele. Manchmal provozierend, immer engagiert. Keiner – auch Welzer nicht – erwartet, dass es ein Programm enthält, dass buchstabengetreu umgesetzt werden kann.

07.02.2020

Ich verfolge die bundesdeutsche Politik – altersbedingt – schon eine geraume Weile. Mich bedrängt aktuell der Eindruck, dass ich etwas Vergleichbares wie im letzten Jahr insgesamt und in den letzten Tagen speziell noch nicht häufig erlebt habe.

Was in den letzten 48 Stunden in und um Thüringen passiert ist, hätte in früheren Zeiten alleine ausgereicht, mehrere SPIEGEL-Titelgeschichten, lange Dokumentationen und – zeitverzögert – einen mehrteiligen Fernsehfilm zu füllen.

Heute kommen selbst die hyperaktiven Online-Redaktionen nicht mehr hinterher und schalten schon fast ganztägig auf Live-Ticker um. Es bleibt ja kaum Zeit, die Nachrichten zu Artikeln zu verdichten.

Wie lange können wir alle das so durchhalten? Wann sind wir übersättigt oder abgestumpft? Merken wir dann überhaupt noch, wenn es wirklich mal dramatisch wird?

Es sind hektische Zeiten. Und doch leben wir im Vergleich mit weiten Gebieten des Planeten in beneidenswerter Stabilität.

06.02.2020

Ein Tag voller Aufregung. Je nach Sichtweise kann man die Angelegenheit als Gefahrenzeichen für unsere Demokratie oder als Bestätigung für deren Stärke interpretieren.

Noch funktioniert eine rasche Selbstkorrektur. Aber sie war auch bitter nötig.

Ich empfehle für Interessierte die heutige Sendung von Maybrit Illner.

05.02.2020

Man muss schon einen guten Grund haben, heute nicht über die Vorgänge in Thüringen zu schreiben. Der Grund heißt “Donald Trump”.
Ich habe nämlich heute morgen (noch im Bett) seine Rede zur Lage der Nation gesehen – in voller Länge. Der Mann spricht ein einfaches Englisch; das ging also ohne Dolmetscher…

Dieser Auftritt war ein Lehrstück – auf verschiedenen Ebenen.

Einmal hat mir diese Inszenierung verdeutlicht, dass Trump mit hoher Wahrscheinlichkeit die Wahl im November gewinnen wird. Er verkörpert und zelebriert ein in sich stimmiges System von Patriotismus und Selbstgewissheit. Hier gibt es keine Nachdenklichkeiten und keine (Selbst)Zweifel. Das Feiern von nationaler (wirtschaftlicher und militärischer) Stärke und eigener Grandiosität geht ineinander über und vermischt sich zu einem Rausch der Omnipotenz.
Die Mehrheit der Amerikaner wird dem nicht widerstehen können.

Gezeigt hat dieser Auftritt auch, wie perfekt man eine solche Show choreographieren kann. Trump ruft nach und nach eine ganze Serie von heldenhaften “Zeugen” für sein großartiges Amerika auf und erweckt so geschickt den Eindruck, dass diese Modell-Amerikaner auf der Balustrade sozusagen das direkte Ergebnis seiner ureigensten Politik wären. Er scheut nicht davor zurück, sogar das Kind präsentieren zu lassen, das als die bisher extremste Frühgeburt am Leben erhalten werden konnte. So werden nationale Emotionen hochgepeitscht (natürlich darf auch die Witwe eines Terroristen-Bekämpfers nicht fehlen) und für das großartigste Amerika vereinnahmt, das es je gab.
Da sich Trump in seiner Rede wiederholt auf Gott bezog, habe ich schon damit gerechnet, dass auch dieser noch in die Kamera winken würde…
(wohl wissend: wenn es ihn denn gibt, dann ließe er sicher nicht als Trump-Unterstützer missbrauchen).

Die Welt spricht über den Klimawandel und ringt um Antworten. Trump ist das Thema Umwelt in dieser langen Rede einen einzigen Satz wert, der sich auf gepflanzte Bäume bezieht. Fertig.
Dafür wird gefeiert, dass die USA jetzt der weltgrößte Produzent von Öl und Gas ist.

Eine letzte Kostprobe: Unmittelbar hintereinander(!) prahlt Trump damit, dass er leidenschaftlich zwei Rechte der Amerikaner verteidigt hat und verteidigen wird: Das Recht auf das Schulgebet in öffentlichen Schulen und das Recht, Waffen zu besitzen.
Noch Fragen?

Dass am gleichen Tag in Thüringen ein Mitglied einer Fünf-Prozent-Partei von AfD, FDP und CDU zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, obwohl der bis heute regierende Amtsinhaber von über 70% aller Thüringer gewollt war, macht diesen Tag politisch endgültig zum Alptraum.

Vielleicht wird es ja morgen besser…

“Die Kunst der Illusion” von Matthew L. Tompkins

Meine Haltung zu geschenkten Büchern hat sich verändert: Inzwischen freue ich mich gerade über die Werke, auf die ich von selbst nie gekommen wäre. Dieses besondere Buch gehört definitiv dazu.

Es geht hier nicht einfach um ein Buch zu einem – zugegeben – etwas ausgefallenen Thema. Ich stelle euch eine wahre Schatzkiste vor: liebevoll gestaltet und großzügig illustriert. Ein Vergnügen für die Sinne, die Neugier und den Verstand.

Der Untertitel verrät schon eine Menge. „Magier, Spiritisten und wie wir uns täuschen lassen“. Dahinter verbirgt sich nicht weniger als ein gut recherchierter Überblick über zwei kultureller Nischen, die üblicherweise nicht gerade im Zentrum zeitgeschichtlicher Betrachtungen stehen.

Gemeint sind einerseits die Geisterbeschwörer (Spiritisten), die auf verschiedenen Wegen und mit unterschiedlichen Zielen Phänomene präsentieren, die – vermeintlich – außerhalb jeder naturwissenschaftlichen Erklärung liegen. Meist geht es um Kontakte mit Verstorbenen, deren Botschaften sich – so wird behauptet – mit Hilfe eines geeigneten Mediums in eine wahrnehmbare Form bringen lassen.
Eine parallele Linie beschreibt die Welt der Zauberei, in der es ebenfalls um das Staunen über „Unglaubliches“ geht – diesmal aber auf einem anderen Hintergrund: Der Zuschauer weiß (und genießt sogar), dass er mit hoher Professionalität „betrogen“ wird. Die perfekte Illusion ist das Ziel; das Mittel ist eine Kunstfertigkeit.

Das Besondere an diesem Buch ist die extrem spannende Verknüpfung dieser beiden Bereiche. Wer würde – ohne dieses Buch zu kennen – schon auf die Idee kommen, dass es spannende und hochkontroverse Querverbindungen zwischen Spiritisten und Magiern gab. Teilweise wechselten die beteiligten Personen sogar zwischen den Lagern hin und her; z.T. waren sie sich auch spinnefeind.

Das hört sich vielleicht etwas spröde an. Weit gefehlt!
Das Buch beinhaltet eine schier unglaubliche Sammlung  historischer (Bild-)Materialien aus beiden Welten. In gewisser Weise hat die Publikation den Charakter eines Bildbandes – mit begleitendem Text. Man kann sich wirklich hineinbegeben, insbesondere in das 19. und frühe 20. Jahrhundert. Es wartet eine fremde, wundersame Welt, in der die Sensationen noch nicht elektronisch oder digital verbreitet wurden.

Doch auch der textliche Inhalt hat es in sich: Der Autor, selbst Zauberer und Psychologe, führt mit klarer Linie und ruhiger Hand durch die Kontroversen über Geister, Wunder, Täuschung, Tricks und Humbug. Er polemisiert nicht; er klärt respektvoll und ohne erhobenen Zeigefinger auf. Und wenn es einmal keine vollständige Aufklärung gibt, dann schreibt er das auch.

Was insgesamt dabei herauskommt, ist ein extrem motivierender und anregender Ausflug in eine andere, weitgehend vergangene Welt, in der es mal ein paar Stunden nicht um aufgeregte Tagespolitik oder Internetblasen geht.

Aber es gibt sogar noch eine weitere Zugabe: Der Autor bleibt nämlich nicht in der historischen Darstellung und Analyse stecken, sondern spendiert am Ende noch eine ordentliche Portion moderne Wahrnehmungspsychologie. So bietet er schließlich mit der Beschreibung der Prozesse, die sich zwischen unseren Sinnesorganen und unserer Konstruktion der Wirklichkeit abspielen, sozusagen die gemeinsame Antwort auf die Rätsel von paranormalen Phänomenen und Zauberei.
Das alles ist nicht nur lehrreich, sondern auch wieder anschaulich vermittelt.

Was zu meckern? Kaum: Der Preis ist für dieses toll aufgemachte Buch mit angenehm kartonartigen Seiten ganz sicher nicht zu hoch. Ein kleines Rätsel bleibt allerdings ungelöst: Warum muss in diesem opulent bebilderten Buch der Text so winzig klein gedruckt werden?

Ein tolles Geschenk!

04.02.20

Die Verhältnisse in Polen sind für uns nicht gerade ein Top-Thema. Das läuft für die meisten so am Rande vorbei.

Tatsächlich sind die Angriffe der Regierung auf das Rechtssystem inzwischen eine echte Bedrohung für die Gewaltenteilung und damit auch für die Demokratie.

Da stellt sich dann doch die Frage, in welchem Ausmaß sich die EU als Wertegemeinschaft versteht.

Für mich erscheint es wichtig, dass die entsprechenden Untersuchungen konsequent durchgeführt werden. Ohne falsche Rücksichtnahme. Es kann nicht angehen, dass die EU nur als Geldquelle genutzt wird.

03.02.2020

Ich werde heute mal ein wenig persönlich:

In ca. 30 Minuten werde ich so alt sein, wie es Udo Jürgens mal vor vielen Jahren besungen hat (die Zahl mit den zwei Sechsen).
Damals war das für mich (außer dass es natürlich nicht meine Art von Musik war) eine irgendwie skurrile, weit entfernt liegende Vorstellung, dass es in einem solchen “biblischen” Alter noch irgendeine Form von Aufbruchstimmung oder Lebensfreude geben könnte.
Ich dachte: “Na ja, da redet (singt) sich ein alter Mann das Altwerden schön. Vielleicht irgendwie anrührend – aber doch fern von jeglicher Realität.”

Nun höre ich zwar immer noch lieber den anderen Udo.
Aber die Idee, dass “noch längst nicht Schluss ist”, kommt mir nicht mehr so abwegig und fremd vor (wohl wissend, dass es dafür keinerlei Garantie geben kann).
So bin ich dann dankbar, dass dieser Gassenhauer tatsächlich noch eine persönliche Bedeutung für mich bekommen hat. Ich habe ihn – sozusagen – eingeholt.

Dass ich ihn (den Gassenhauer) deshalb morgen mal höre, halte ich doch für sehr unwahrscheinlich.
Obwohl ich inzwischen in einem “ehrenwerten Haus” wohne und manchmal auch “griechischen Wein” trinke.
(Ich gebe es ja zu: Auch dieser Udo gehört ein bisschen zur bundesdeutschen Kulturgeschichte….).

Ich begleite aber doch lieber Lindy bei “Ich mach mein Ding” auf dem Schlagzeug.

Jetzt sind es nur noch 5 Minuten…