Chaos bei der SPD – eine andere Perspektive

Natürlich: Es wurden Fehler gemacht – nicht zuletzt auch von Martin Schulz!
Was aber in den letzten Tagen und Stunden passiert ist, ist meiner Meinung nach nicht das Ergebnis solcher Fehler der Hauptakteure, sondern vorrangig die Folge einer gesellschaftlichen Negativ-Stimmung, die sich – nicht nur, aber auch – in der SPD breitgemacht hat.

Was will ich damit sagen:
Mir scheint es immer stärker darum zu gehen, sich an (vermeintlichen) Schwächen, Fehlern oder Widersprüchlichkeiten von Führungsfiguren  schonungslos abzuarbeiten. Es gibt ein extrem destruktives Vergnügen daran, Leitfiguren zu demontieren – im Extremfall solange und so gründlich, dass deren Laufbahn in Schutt und Asche liegt.
Es ist ein Spiel, das scheinbar alle höchst vergnüglich finden: die politischen Konkurrenten, die Parteibasis, die Medien und all die Privatleute, die in Gesprächen und Posts lustige oder wütende Beiträge machen und damit die Steigerungsspirale vorantreiben.

Es macht scheinbar unendlichen Spaß, Autoritäten zu kippen! Die Pubertät lässt grüßen! Die Folgen? Ist doch egal – Hauptsache es fühlt sich geil an oder es verschafft Aufmerksamkeit oder Quoten!

Ich würde gerne über die Folgen reden.
Ich bin z.B. stinksauer, dass gerade in wenigen Tagen zwei hoch kompetente potentielle Außenminister dieses Landes zerwurstet wurden. Ich wollte gerne, dass dieses Land – und Europa insgesamt – bestmöglich vertreten wird. Mir war letztlich egal, ob Schulz oder Gabriel das tun – wenn sie es nur endlich tun dürften.
Vielleicht war das Blitz-Gekungel zwischen Schulz und Nahles nicht der beste Stil – aber was hat man (als SPD)  bitte davon, wenn in dieser hoch-sensiblen Phase sofort wieder alles durch einen Proteststurm in Klump gehauen wird?
Man wirft den Handelnden ihre persönlichen Ambitionen vor – ich werfe denen, die auf jede denkbare Abweichung von ihrer Ideallinie mit wütendem Geheul reagieren, Verantwortungslosigkeit vor. Diese Art, mit Entscheidungen umzugehen, die einem selber nicht passen, drückt genau den Egoismus und Narzissmus aus, den man angeblich kritisieren will.

Das “Nein-Sagen”, die unerweichliche Ablehnung von Kompromissen, ist offenbar das Gebot der Stunde. Nur nichts zähneknirschend akzeptieren, weil es der Sache dienen könnte. Es gibt ja die “Reine Lehre”, es gibt ja eine frühere Festlegung, die man den Handelnden auf Lebenszeit vorhalten kann. Irgendwas findet man immer – und man sich daran hochziehen und sich von anderen dafür feiern lassen.
Nur wie soll in einem solchen Klima noch sinnvolles politisches Handeln möglich sein?

Das allgemeine Unbehagen an dem “Weiterwursteln” einer vermeintlich ausgelaugten GroKo ist mir nicht völlig fremd. Auch ich hätte mir angesichts der wirklich brennenden Themen und Probleme einen mutigeren und zukunftsweisenderen Aufbruch gewünscht. Ich finde es nur absolut unfair und extrem destruktiv, diesen Frust jetzt an den an verantwortlicher Stelle handelnden Politikern abzuladen. Die Wahl ist im September gelaufen – und im Februar ist man hochgradig frustriert, dass die SPD nicht alle ihre Vorstellungen durchsetzt! Das ist doch nicht mehr nachzuvollziehen! Das ist Kinderkram: “Ich will einen Lolli haben, und zwar den roten!”

Ich will, dass dieses Land regiert wird, und zwar von erfahrenen und kompetenten Leuten – auch wenn diese mal einen Looping vollziehen.

 

SPD

Langsam wird mir mulmig. Ein Gefühl der Sicherheit und Kalkulierbarkeit schwindet. Passiert da gerade etwas, was sich im Nachhinein als leichtfertiges aufs Spiel setzen einer geradezu beneidenswert stabilen politischen Grundsituation erweisen könnte? Verspielen wir da gerade den Grundstock unserer gesellschaftlichen Solidität?

Wer ist wir? In diesem Fall sind das Teile der SPD und die mit ihrer Zukunft angeblich wohlwollend befasste Meinung. Beide wollen die SPD “retten“ – aus einer vermeintlichen Falle, in der sie in der erneuten GroKo landen würde. Sie werden nicht müde, die Genossen aufzurütteln und zu ermutigen, sich diesem selbstzerstörerischen Joch nicht zu unterwerfen. Um ihre Seele und ihre Identität zu bewahren.

Die würde nämlich dadurch zerstört werden, dass wichtige Kernforderungen der SPD in dem Sondierungsergebnis nicht durchsetzbar waren.

 

Die Alternative?

In die Opposition gehen und dort mit neuer Parteiführung die unverfälschte sozialdemokratische Lehre neu definieren und lautstark vertreten.

 

Der Preis?

Nach der fälligen Neuwahl noch ein paar Prozente verlieren und in den nächsten vier Jahren gar keinen entscheidenden Einfluss auf die politische Entwicklung in Deutschland nehmen.

Allerdings ist das nur der SPD-interne Preis. Darüber hinaus zahlen wir alle einen noch nicht quantifizierbaren Preis: ein paar weitere Monaten Stillstand und Ungewissheit in Deutschland und Europa. Auch würde in der Bevölkerung das Gefühl zunehmen, dass unser demokratisches System und seine Politiker es irgendwie nicht hinbekommen. Die langfristigen Folgen dieser immer weniger diffusen Zweifel sind kaum abzuschätzen.

 

Geht es wirklich im Moment vorrangig um die Identität einer Partei?

GroKo 2018

Jetzt ist es also soweit: Jeder kann aus vollem Herzen seine Enttäuschung und seinen Frust auskippen über die “doofen” Politiker, die in der Sondierung mal wieder so ziemlich alles falsch gemacht haben. Natürlich bieten sich als Hauptopfer mal wieder die SPD und Martin Schulz an. Immer feste drauf…
Man kennt das jetzt schon seit vielen Monaten, eigentlich schon seit Jahren.

Obwohl ich einen nicht unbeträchtlichen Teil der Enttäuschung und Kritik teile (z.B. am verschobenen Kohleausstieg und an dem Ausbleiben eines höheren Spitzensteuersatzes), so kann ich doch all das aufgeregte Getöse nicht mehr gut ertragen.
Die Frage mag doch erlaubt sein: “Wer könnte es denn unter den gegebenen Umständen wirklich so viel besser?” Muss man den Menschen, die sich da einsetzen, wirklich immer wieder zum Vorwurf machen, dass aufgrund der Machtverhältnisse bestimmte Sachen nicht durchsetzbar sind?
Wie oft will man Schulz noch seine Redeausschnitte vorspielen, in denen er die GroKo ausgeschlossen hat? Welche politische Erkenntnis ist damit verbunden?

Ich hoffe darauf, dass der nachhaltige Nutzen nicht in irgendwelchen Wahlgeschenken liegt, sondern in einer Stärkung Europas. Ich kann mir sowohl Gabriel als auch Schulz als Außenminister vorstellen.

Natürlich fehlen mir die grünen Themen – aber soll ich deshalb jetzt vier Jahre lang so tun, als wären wir mit dieser Regierung dem Untergang geweiht?
Mehr war unter diesen Umständen nicht drin. Wozu bitte jetzt noch die Regierungsbildung scheitern lassen – wie es die Jusos wollen. Mit welchem realistischen Ziel?

Vielleicht bin ich inzwischen – altersbedingt – zu pragmatisch.
Ihr könnt das gerne in euren Kommentaren zum Ausdruck bringen…

Regierungsbildung in Deutschland

Es ist schon ein bisschen seltsam: Da hatten wir im September eine Bundestagswahl, dann – nach einem sinnlosen Stillstand – Jamaika-Sondierungen, dann deren Scheitern und nun seit einigen Wochen das Vorgeplänkel zu den Verhandlungen über eine nächste GroKo. Und in all diesen bewegenden Wochen, in denen uns die  politischen Themen nur so um die Ohren flogen, setzte ich mich nicht ein einziges Mal hin und pflegte meinen Blog.

Was war/ist los?

Meine Passivität ist kein Hinweis darauf, dass mir das Interesse an Politik plötzlich verloren gegangen wäre. Im Gegenteil: Ich habe fleißig Print- und Webmedien konsumiert und gefühlte 45 Talkshows zum Thema über mich ergehen lassen.
Das Ergebnis dieser Flut von Informationen und Meinungen war eine Art Lähmung des Denkens, Meinens und Schreibens. So als ob die ganzen widersprüchlichen Perspektiven und Facetten sich gegenseitig neutralisiert hätten und irgendwann zu einem zähen und farblosen Brei von Ratlosigkeit, Überdruss und Resignation kondensiert wären.

Dabei hatte ich mich relativ schnell mit der Jamaika-Perspektive angefreundet – bot diese doch die Chance, an ein paar Stellen mehr zu bewegen als dies bei den eher trägen „Groß-Parteien“ zu erwarten gewesen wäre. Meine Hoffnungen lagen (natürlich) bei den zukunftsrelevanten Themen der GRÜNEN: Klimapolitik und ökologische Landwirtschaft. Hoch erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass es den Vertretern der GRÜNEN offenbar gelang, auf der inhaltlichen und der Umgangs-Ebene zu überzeugen und die ihnen zugedachte Störer- und Exotenrolle elegant zu umschiffen.

Das Scheitern dieses Projektes war daher für mich eine frustrierende Erfahrung. Alles, was darauf folgte, hat dieses Gefühl von Unbehagen noch verstärkt.

Wer jetzt erwartet, ich würde die ganze Häme über den Kurswechsel der SPD und ihres „unfähigen“ Vorsitzenden hier nochmal aufwärmen, den muss ich enttäuschen. Mich beschäftigt ein ganz anderes Gefühl: Ich bin zunehmend genervt von der Dramatisierung und Skandalisierung, die sich in die Betrachtung und Bewertung der aktuellen politischen Situation breit gemacht hat. Ich kann es immer weniger ertragen, wenn irgendwelche Politiker oder Journalisten (oder gar irgendwelche Spinner im Internet) mal wieder kundtun, wie absolut unakzeptabel oder extrem gefährlich doch die eine oder andere Variante sei. Wie unfassbar schlimm doch so ein Positionswechsel einer Partei oder wie absolut notwendig doch der sofortige Rücktritt von Führungspersönlichkeiten sei.

Es wird so immer stärker ein Klima erzeugt, in dem Unsicherheiten, Fehleinschätzungen oder ein vorübergehendes Formtief unerbittlich seziert, aufgebauscht und als unverzeihlich definiert werden. Nach dem Motto: „Es gab Schwächen? Weg mit dem Kerl! Wir bauen eine neue Kunstfigur auf, um sie bei passender Gelegenheit wieder umso genüsslicher zur Strecke zu bringen und vor laufenden Kameras zu zerfleischen!“

Dahinter steckt nicht nur eine menschenverachtende Tendenz zur „Quote durch Vernichtung“, sondern auch der Irrglaube, dass uns ja beliebig viele kompetente und engagierte Ersatzpolitiker zur Verfügung ständen (als ob diese auf Bäumen wachsen würden).

Ein gutes Beispiel findet sich wiederum in der SPD: Wie lange hatte man sich auf den so „bollerigen“ Sigmar Gabriel eingeschossen und wie erleichtert waren die Medien, als er endlich das Handtuch warf. „Mal wieder geschafft!“ Seltsamere Weise entpuppte sich dieser so vermeintlich unbeherrschte Gabriel kurze Zeit später – sozusagen aus dem Stand heraus – als überaus kompetenter Chef-Diplomat, der seine Arbeit jetzt schon viele Monate fehlerfrei und souverän macht. Hat man schon mal irgendwo davon gelesen oder gehört, dass man da vielleicht vorher ein wenig übertrieben hatte? Dass es mal wieder hauptsächlich darum ging, jemanden zu demontieren?

Keine Sorge! Ich schimpfe hier nicht über irgendeine „Lügenpresse“. Ich bin froh, dass es in Deutschland so eine niveauvolle Presselandschaft und die öffentlich-rechtlichen Medien gibt. Aber ich bin es leid, auch bzgl. der jetzt anstehenden Regierungsbildung immer wieder zu hören und zu lesen, dass ein bestimmter Weg fast sicher in irgendein Verderben führe. Auch eine nächste GroKo wird unser Land und die beteiligten Parteien nicht gleich in den Abgrund führen – es sei denn, man lässt nicht davon ab, genau das herbeizureden und zu schreiben.

Für das Thema Europa könnte sogar eine Menge dabei herauskommen. Allerdings wäre es ein unverzeihliches Versäumnis, wenn die notwendigen Umsteuerungen in der Energie- und Umweltpolitik nur deshalb unterbleiben würden, weil die GRÜNEN jetzt diese Schritte nicht mehr erzwingen können. Wer im Jahre 2017, auf der Basis gut gefüllter Steuerkassen, die Einhaltung der Klimaziele von Arbeitsplätzen und den Profiten einiger Energiekonzerne abhängig macht, der stellt – wider besseres Wissen – die Zukunft aufs Spiel; die ökologische und die ökonomische Zukunft.

Das dritte Geschlecht

Das Bundesverfassungsgericht hat sich entschieden: Es muss demnächst die Möglichkeit geschaffen werden, sich neben “männlich” und “weiblich” einer dritten Kategorie zuordnen zu können. Damit soll den Interessen der Minderheit (ca. 80.000 bis 100.000 Menschen) entsprochen werden, die aus biologischen und psychischen Gründen eine solche Zuordnung als aufgezwungen und unstimmig erleben.

Mich irritiert das – nicht weil ich diese Minderheit diskriminieren möchte oder an ihrem Anliegen zweifle. Mich irritiert das, weil ich mit den Maßstäben durcheinander komme.

Dient es wirklich einer Gesellschaft, die sich zu ca. 99,9% mit der bisherigen Einteilung arrangieren könnte, wenn aus dem Motiv des Minderheitenschutzes eine neue gesellschaftliche Realität gezimmert wird?  Mit allen juristischen und verwaltungsmäßigen Konsequenzen? In deutscher Gründlichkeit?

Könnte es nicht auch zu den unvermeidbaren Lebensrisiken gehören, wenn seltene Besonderheiten und Abweichungen als – für den Einzelfall nicht optimal geregelte – “Sonderfälle” behandelt werden, ohne dass gleich aus der Ausnahme eine für die ganze Gesellschaft sichtbare und für die meisten nur schwer nachvollziehbare gesetzliche Neudefinition entsteht?

Wie weit muss die Mehrheit sich an den Minderheiten ausrichten? Brauchen wir für alles eine hochoffizielle Regelung? Fühlt sich die Mehrheitsgesellschaft vielleicht immer fremder und unverstandener, weil man ihr nach und nach alle als sicher geglaubten Selbstverständlichkeiten streitig macht?
Schaffen wir so nicht  – statt einer immer diskriminierungsfreieren Gesellschaft – eher neue AfD-Wähler?

Ich weiß – meine Überlegungen sind vermutlich nicht politisch korrekt.
Aber vielleicht ein bisschen vernünftig??

“ES” Die (Neu-)Verfilmung des Horror-Klassikers von Stephen KING

Warum gehe ich in einen solchen Film?
Nun, das hatte in erster Linie sehr persönliche Gründe; die alleine reichen zur Erklärung mehr als aus. Dazu kam die Neugier, wie das Buch von Stephen King, das ich vor kurzem als Hörbuch gehört habe, filmisch umgesetzt wird. Dazu wollte ich mir eine Meinung bilden.

Ich hole etwas aus:
Ich mag keinen Horror; ich muss nicht mit dem inneren und äußeren Schrecken der Welt konfrontiert werden, um mich irgendwie zu spüren; Gewaltschilderungen erzeugen bei mir Abwehr und Abscheu. Ich sehe die Ästhetisierung der Gewalt nicht als akzeptable Kunstform an. Ich gehöre der „ach so ignoranten und spießigen“ Gruppe von Menschen an, die einen Zusammenhang zwischen exzessiver Gewaltdarstellung (in welcher Form auch immer) und der Verrohung von Menschen und Gesellschaften postulieren (das tue ich nicht nur als Privatmensch sondern auch als Psychologe).

Warum dann überhaupt Stephen King?
Nun – der Mann kann einfach tolle Geschichten toll erzählen! Auch wenn seine Millionen-Bestseller nicht als „hohe“ Literatur gelten, so beinhalten sie doch sehr viel mehr als Schocker-Effekte. King kann Figuren zeichnen, Schauplätze atmosphärisch dicht ausgestalten und psychische Prozesse nachvollziehbar machen. Im Grund liebt er die Menschen.
Schade nur, dass seine Leidenschaft in diese eine Richtung geprägt wurde. Einen King ohne Horror und Gewalt würde ich als Autor lieben!

Ach so – ich wollte eine Filmkritik schreiben…

Was kann man nach dieser Vorrede erwarten? Bestimmt keine Begeisterung – aber vielleicht ein Lob für die cineastische Umsetzung der Vorlage.
Dieses Lob gibt es ganz eindeutig von mir nicht!

Die Verfilmung konnte der Versuchung nicht widerstehen, das Verhältnis von Story und Grusel-Effekten genau auf den Kopf zu stellen. Die Geschichte der sympathischen Loser-Kinder-Clique dient fast ausschließlich als Anlass für die Schocker-Szenen. Der Regisseur tobt sich ungebremst aus in einer – sicherlich technisch perfekten – Aneinanderreihung von bis ins Absurde gesteigerten Ekel-Fantasien.
Die Regel scheint zu sein: „Je extremer desto besser – man muss doch bei dieser Gelegenheit mal zeigen, was heute tricktechnisch geht!“
Sorry – aber das interessiert mich nicht; ich brauche den Ekel nicht perfektioniert!
(An der Stelle sollte ich es vielleicht verraten: Ich habe die Augen öfters mal geschlossen, weil ich bestimmte Bilder gar nicht erst in mein Gehirn lassen wollte).

Noch ein paar andere Dinge haben mich geärgert:

  • Die ca. 11 bis 13-jährigen Kinder haben Sprüche von deutlich älteren Jugendlichen drauf – offenbar um das Ziel-Publikum (ab 16) zu bedienen.
  • Die im Film dargestellte Gewalt wird auch dadurch verharmlost, dass (gesundheitliche) Folgen durchweg in absurder Weise ausgeblendet werden (z.B. verursachen Steinwürfe an den Kopf scheinbar keinerlei Schäden).
  • Die Kinder sind auch psychisch gegenüber den extrem traumatisierenden Erlebnissen scheinbar vollkommen immun.

Wen könnte dieser Film also ansprechen – außer der Zielgruppe von jungen Menschen, die alles mitnehmen, was irgendwie trendy oder extrem ist?
Es gibt sicherlich Cineasten, für die eine Verfilmung dieses Horror-Klassikers ein von Natur aus relevantes Ereignis ist. Deren Interesse allen Facetten der Filmkunst gilt und deren Neugier für und Faszination durch das Medium nicht durch solche prinzipiellen Erwägungen (s.o.) getrübt wird. Für diese Menschen kann es sicher gute Gründe geben, sich dieser Situation zu stellen.

Für alle anderen empfehle ich:  Lass ES sein!

Wahlnachlese Nr. 1

Ich muss mal ein paar Gedanken loswerden, die sich in den letzten Tagen in meinem Kopf gebildet haben. Diese Gedanken sind sicher nicht besonders „politisch korrekt“. Ich erwarte also durchaus Widerspruch – auch von den im Allgemeinen wohlwollenden Lesern meines blogs….

Inzwischen – nach zwei Tagen Wahlanalysen – habe ich unzählige Male von Politikern und Journalisten gehört, dass wir endlich „die Menschen“ ernst nehmen und deren Bedürfnisse berücksichtigen sollten, die ihren Protest zu einem großen Teil durch Wahl der AfD ausgedrückt haben.
Das hört sich erstmal unmittelbar einleuchtend an. Nur: wer sind „die Menschen“? Und – noch wichtiger: Will ich überhaupt, dass man auf deren Meinungen und Forderungen eingeht? Will ich überhaupt in so einem Land leben, das sich stärker als bisher nach den Wünschen dieser Menschen ausrichtet?

Wenn man das noch etwas weiterdenkt, könnte man sogar die – sicher bedenkliche – Formulierung wagen: War ich nicht vielleicht eigentlich ganz froh, dass „diese Menschen“ bisher kein Sprachrohr für sich hatten und deshalb eher zur Gruppe der Nichtwähler gehörten?
Darf man sowas denken – oder gar sagen?

Spätestens jetzt müsste man langsam mal definieren, welche Menschen man denn damit meinen könnte. Ich habe bestimmte Bilder im Kopf: Pegida-Demonstranten; laut über die „Lügenpresse“ Schimpfende; interviewte AfD-Wähler, die völlig undifferenziert und uninformiert gegen alle Vertreter des Staates wettern, usw. Jeder kennt diese Bilder: Unsympathische, offenbar ungebildete und extrem wütende Menschen, die ihre Identität ziehen aus ihrer Ablehnung von allem irgendwie „Etablierten“.
Diese Menschen und diese Meinungen wollen jetzt alle mehr vertreten?!

Bevor man mir Überheblichkeit und soziale Blindheit vorwirft: Ich habe großes Verständnis für Menschen, die es skandalös finden, wie weit die Schere zwischen Arm und Reich inzwischen auseinanderklafft. Ich denke auch, dass die Interessen der wirtschaftlich Mächtigen eine zu große Rolle spielen und die Verstrickungen zwischen Wirtschaft und Politik in einigen Bereichen bedenkliche Ausmaße hat. Alles richtig!

Aber muss ich deshalb jede Niveaulosigkeit, jedes dumpfe Nachplappern von irgendwelchen hirnlosen Parolen jetzt als ernstzunehmende politische Meinungsäußerung bewerten? Müssen Parteien bestimmte Positionen nur deshalb übernehmen, weil es eine „Stimmungstendenz“ in diese Richtung gibt? Bedeutet repräsentative Demokratie wirklich, dass man jede Verirrung und Verwirrung aufgreifen muss? Manche Meinungsäußerungen sind einfach dummes Zeug oder auch brandgefährlich!

Man wird einwenden: „Man muss es vielleicht in dem Moment tun, wo es eine neue Partei gibt, die diese Menschen einfängt.“

Ich denke aber: Man kann und sollte sich natürlich um die Bürger und Wähler bemühen, die man mit Argumenten und guter Politik überzeugen kann. Aber ansonsten kann man sich auch dadurch profilieren, dass man sich vor einer bestimmten Gruppe auch klar abgrenzt! Ich würde mir ab und zu ein klares Bekenntnis dazu wünschen, dass man als Partei oder Politiker bestimmte Menschen bzw. ihre (oft menschenverachtenden) Haltungen gar nicht vertreten will! Die sollen dann wählen, was sie wollen – sie sollen aber die nächsten Jahre nicht mit dem erhebenden Gefühl herumlaufen, dass sich alle so sehr um sie bemühen….

Oder liege ich da ganz falsch?

Bundestagswahl

Wählen ist Privatsache. Zum Wahlrecht gehört das Attribut “geheim”.
Trotzdem möchte ich meine Überlegungen zum Thema hier offen machen.
Warum?
Es ist  – wie immer – eine Mischung zwischen Selbstreflexion und einem ganz bescheidenen Versuch der Einflussnahme durch Überzeugung.

Was kann man realistischerweise noch beeinflussen?
Nun, man kann vielleicht noch verhindern, dass die AfD drittstärkste Kraft wird und man kann dafür sorgen, dass eine der beiden für eine Koalition mit Merkel in Frage kommende Partei stärker wird als die andere.
Da der Ruf der GroKo ziemlich gelitten hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass entweder die FDP oder die GRÜNEN Koalitionspartner werden. Und das macht einen wesentlichen Unterschied!

Zunächst zur AfD:
Einige von uns haben vielleicht im erweiterten Bekanntenkreis oder in der Verwandtschaft Kontakt zu Menschen, die potentielle AfD-Wähler sind. Vielleicht gibt es vor der Wahl noch eine Gesprächsmöglichkeit, die man nutzen könnte.
Wenn ich mir eine solche Situation vorstelle, dann würde ich weniger über einzelne Politikfelder oder gar Detailfragen sprechen. Bzgl. der bekannten Themen wie Flüchtlings- , Euro-, Familienpolitik und innere Sicherheit würde ich deutlich machen, dass “alternative” Meinungen möglich und legitim sind. Ich würde auch Verständnis für das Gefühl zeigen können, dass sich bestimmte (konservativ-nationale) Wertvorstellungen und Meinungen bei den etablierten Parteien nicht mehr so richtig “unterbringen” lassen (außer bei der CSU).
Somit wäre die Suche nach einer Alternative letztlich nachvollziehbar.
Das entscheidende Argument, trotzdem nicht AfD zu wählen, wäre für mich das Thema “Anstand” (oder auch “Grundwerte”). Natürlich kann und will ich nicht jedem AfD-Kanditaten ganz persönlich diesen Anstand absprechen. Aber festzuhalten bleibt, dass diese Partei von Meinungen und Personen durchsetzt ist, die einige  für mich wesentliche Grundwerte zumindest in Frage stellen.
Ich meine damit Haltungen wie
– klare Abgrenzung von klassisch-rechtsradikalem und nationalistischem Gedankengut
– Verzicht auf Verunglimpfung von politischen Gegnern oder bestimmten Menschengruppen
– Verzicht auf jede Verharmlosung von Gewalt (als Ausdruck eines Protestes oder als politisches Mittel)
– Beibehaltung einer Grundsolidarität mit Menschen, die unter Krieg, Verfolgung, Not und bitterer Armut leiden (was ausdrücklich nicht die Bereitschaft beinhalten muss, alle diese Menschen nach Europa oder Deutschland einzuladen).
Wenn Menschen sich zu diesen – sehr allgemeinen – Grundüberzeugungen bekennen könnten, dann dürften sie eigentlich nicht mit gutem Gewissen ihr Kreuz bei der AfD machen. Diesen Gedanken würde ich gerne vermitteln. Mit allem Respekt vor den Unterschieden in konkreten Fragestellungen.

Jetzt zur Koalititionsfrage:
Auch wenn sich die FDP sehr modern und weltoffen – vor allem sehr digital – zeigt: Entscheidend scheint mir zu sein, dass sie durch ihren Vorrang für den “freien” Markt (mit möglichst wenig Regeln) nicht die Voraussetzungen dafür schaffen wird, dass wir uns als Gesellschaft schnell und konsequent genug auf eine ökologisch ausgerichtete Wirtschaft, Energieerzeugung, Mobilität, Landwirtschaft, … zubewegen. Die freie Entfaltung des einzelnen und der Unternehmen mag ein hohes Gut sein – aber das Bewältigen des Klimawandels und der skandalösen Ungleichheit bei der Verteilung des Reichtums und der Ressourcen muss eine höhere Priorität bekommen. Und dafür bedarf es eines starken Staates, der regulierend und steuernd eingreift und – da wo es notwendig ist – auch der wirtschaftlichen Macht Grenzen setzen kann.
Sollte es für eine Koalition mit den GRÜNEN eher reichen als mit der FDP, zeichnet sich zumindest die Chance ab, nicht nur Rückschritte zu verhindern (was ja auch schon gut wäre) sondern auch in Einzelfragen positive Akzente zu setzen (vielleicht bei der Braunkohle oder der Massentierhaltung).

Insofern glaube ich, dass man tatsächlich mit einer Wahlentscheidung für die GRÜNEN in dieser besonderen politischen Konstellation etwas bewegen und beeinflussen könnte – und zwar mit relativ wenigen Stimmen, die aber eine wichtige Weichenstellung beinhalten könnten.

Heilpraktiker – abschaffen oder aufwerten?

Man diskutiert aktuell über den Status des Heilpraktiker-Berufs. Kann es wirklich sein, dass die beiden medizinischen Berufsbilder „Arzt“ und „Heilpraktiker“ scheinbar gleichberechtigt nebeneinander stehen, obwohl der niedergelassene Mediziner ein wahrlich aufwändiges Studium absolviert hat und der Heilpraktiker letztlich eine Mini-Prüfung ablegen musste, die sicherstellen soll, dass er einen groben Schaden anrichtet.
Gibt es da nicht einen Handlungsbedarf? Ist das Berufsbild noch zeitgemäß? Schützt die Bezeichnung „Heilpraktiker“ ausreichend vor Scharlatanerie? Werden nicht völlig unrealistische Erwartungen geweckt und gefährliche Risiken generiert durch die immer stärkere Hinwendung zur Alternativmedizin?

Okay – ich höre die Stimmen des Protestes: Könnte es nicht sein, dass die engstirnige und technisierte Schulmedizin – unterstützt von der Pharmalobby – mal wieder auf genau die „Konkurrenz“ losgeht, die den enttäuschten und frustrierten Patienten einen menschliche und ganzheitlichen Zugang zu ihren Störungen und Krankheiten ermöglicht? Kennt nicht jede/r im Bekanntenkreis (oder bei sich selbst) ein Beispiel dafür, dass die Schulmedizin versagt, der Heilpraktiker aber geholfen hat? Wollen wir wirklich zulassen, dass es demnächst noch weniger Alternativen zur „Fünf-Minuten-Dann-Rezeptblock-Zücken-Medizin“ gibt. Müssen wir uns mit den Heilpraktikern solidarisieren und den Berufsstand retten?

Okay – der Bogen ist aufgespannt. Und nun?

Vorweg eine Bemerkung: Es gibt gute und schlechte Ärzte genauso wie gute und schlechte Heilpraktiker. Es gibt mit Sicherheit Heilpraktiker, die durch Aus- und Fortbildung und Erfahrungswissen ein profundes medizinisches Faktenwissen haben und dies mit einer wohltuenden Zuwendung, einer therapeutischen Gesprächsführung und einer natürlichen Autorität verbinden können. Es gibt ohne Zweifel zahlreiche körperliche und psychosomatische Störungen, für die diagnostischen Sichtweisen, die Interpretationen, die Ratschläge und die angebotenen Behandlungsformen außerordentlich hilfreich und letztlich auch heilend sein können.
Aber eben nur „können“. Das Schild an der Tür sichert das alles nicht ab. Zwar garantiert die Kassenzulassung auch keinen Ideal-Mediziner – aber sie steht für einen Ausbildungsstandard, der meilenweit über das geforderte Wissen des Heilpraktikertums hinausgeht (vielleicht sogar Lichtjahre).

Also bleiben meines Erachtens nur zwei Möglichkeiten: Entweder werten wir das Berufsbild soweit auf, dass jeder Patient davon ausgehen kann, dass ihm ein gut ausgebildeter Mensch gegenübertritt, der – zumindest für einen Teilbereich – auch schulmedizinisches Wissen in sein Tun einbringt. Oder wir schaffen diese „Grauzone“ zwischen esoterischem Heiler und Alternativ-Mediziner ab und schaffen damit Klarheit, dass für „Krankheiten“ nur die eine, „richtige“ Medizin zuständig sein kann. Die Medizin nämlich, die ihre Methoden überprüfen und ihre Erfolge messen lassen muss.

Und jetzt kommt das Wichtigste: Natürlich muss sich die Schulmedizin verändern! Radikal! All das, was die Menschen beim Heilpraktiker oder Homöopathen suchen (und oft auch finden), muss in die standardmäßige ärztliche Betreuung integriert werden. Und das, was dort nicht hineinpasst, gehört in eine deutlich erweitere psychotherapeutische Versorgung. Natürlich wollen und brauchen kranke und gestörte Menschen einen ganzheitlichen Blick auf ihre Lebenssituation und ihr gesundheitsrelevantes Verhalten. Natürlich brauchen sie Zuwendung und Gespräch, um sich verstanden zu fühlen und Veränderungsmotivation aufbauen zu können. Aber all das sollte innerhalb des medizinischen Systems geboten werden und nicht außerhalb – in kaum zu kontrollierenden Nischen und in einer oft geradezu anti-wissenschaftlichen Gegenwelt.

Wenn die Diskussion um Heilpraktiker und Homöopathie ernsthaft und kritisch geführt wird (was ich sehr begrüße), dann geht das nicht ohne Konsequenzen für die „normale“ medizinische Versorgung. Man kann nicht nur etwas wegnehmen (wofür es tatsächlich gute Gründe gäbe), ohne den Bedarf zu decken, der sich bisher dorthin entladen hat.

(Ich empfehle zum Thema noch meine Rezension über dieses Buch).

Deutschland – Autoland?

Wir befinden uns am Beginn einer Krise – einer Krise unserer Automobilwirtschaft. Noch machen die Konzerne gute Geschäfte mit tonnenschweren, übermotorisierten Dinosauriern – doch brausen sie alle gemeinsam in einem noch weitgehend ungebremsten Tempo in eine Sackgasse. Wenn wir Glück haben, meistern wir dieses Krise irgendwie. Wenn das gelingen sollte, dann nicht wegen der Fähigkeiten sondern trotz der Unfähigkeit unserer Automobil-Manager.

Warum – so fragt man sich – finden sich in den millionenschweren Chefetagen keine Persönlichkeiten mit visionären, wirklich innovativen Ideen und Zielen? Warum reicht es noch nicht mal für einen realistischen Blick in die nahe Zukunft? Besteht die einzige vorstellbare Management-Strategie in dem Festhalten an dem Vorhandenen? Statt sich dem seit langem vorhersehbaren Trend zuzuwenden (der emissionsfreien Mobilität), wird politische Lobby-Arbeit betrieben und über viele Jahre der Versuch gemacht, sich durch kriminelle Absprachen und technische Manipulationen durchzumogeln. Als ob sich die Notwendigkeiten des Klimaschutzes und die Konkurrenz im  Rest der Welt so lange gedulden würden, bis auch der letzte deutsche Manager bereit und in der Lage ist, die Welt zu verstehen.

So sollen Arbeitsplätze gesichert werden?
Ein Armutszeugnis!