Ein grüner Sarrazin?

Jetzt ist der – schon mehrfach als leicht provokativ aufgefallene – Tübinger OB, Boris Palmer, endgültig zum Problem-Grünen geworden.
Er hat an einem Tabu gerüttelt, an dem sonst eher von ganz anderer Seite gekratzt wird. Er wollte wohl mit seinem ungeschickten – aber sachlich nicht falschen – Satz (“Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären”) darauf aufmerksam machen, dass die Rettung von individuellen Menschenleben nicht in allen Fällen um jeden Preis alleine Richtschnur für das Handeln ganzer Gesellschaften sein kann. So wie es unser Bundestagspräsident Schäuble etwas staatstragender auch angedeutet hatte.

Darf so etwas ein GRÜNER sagen? Muss er deswegen ausgegrenzt werden?

Ich habe vor einiger Zeit hier auf diesem Blog schon mal in diese Richtung gedacht. Im Zusammenhang mit der Frage, ob denn wirklich jeder sehr alte und/oder sehr kranke Mensch sich so einer extrem belastenden und risikoreichen Behandlungsprozedur aussetzen will (vielleicht tatsächlich mit dem maximalen Gewinn von ein paar Lebensmonaten). Insbesondere, wenn die Behandlungsplätze tatsächlich mal knapp werden sollten.

Darf man darauf aufmerksam machen, dass unsere Gesellschaft auch an anderen Punkten ja nicht ALLES tut, um jedes nur mögliche Leben zu retten. Wir stationieren nicht alle 300 Meter einen Notarztwagen, um auf Herzinfarkte oder Schlaganfälle innerhalb von zwei Minuten optimal reagieren zu können. Wir haben uns gerade dagegen entschieden, das Organspenden zum Regelfall zu erklären (obwohl das ganz sicher konkrete Leben gerettet hätte und dazu noch weitgehend kostenfrei). Und natürlich tun wir auch nicht ALLES Denkbare, um Corona-Infektionen zu vermeiden – obwohl das Menschenleben kostet.

Warum darf ein GRÜNER dazu keine Fragen stellen oder Diskussionen anstoßen?
Geht es darum, dass tatsächlich unhaltbare (menschen-verachtende) Dinge gesagt werden oder geht es darum, für mögliche Angriffe durch Medien oder den politischen Gegner keine Angriffsfläche zu bieten?

Ich habe mich mit Boris Palmer nicht intensiv beschäftigt. Vielleicht gibt es ja andere gute Gründe, ihn zu kritisieren. Aber im Moment erscheint mir seine kategorische Verurteilung ein wenig übertrieben.

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