26.02.2020

Ja, man könnte schon wieder etwas zur CDU schreiben. Odere sich endlich mal mit dem Corona-Virus befassen…

Aber heute ist auch etwas anderes Wichtiges passiert: Unser höchstes Gericht hat eine weise Entscheidung getroffen und damit ein Gesetz korrigiert, das unsere Abgeordneten (in einer Gewissensentscheidung) beschlossen haben.
Man spürt sie also, die dritte Gewalt in unserer Demokratie!

Die Entscheidung war gut und richtig, weil sie die Selbstbestimmung und Würde von todkranken Menschen gestärkt hat und gleichzeitig andere Personen schützt, die auf Wunsch und im Auftrag solcher Menschen ihre Entscheidung unterstützen, ihrem Leben ein Ende zu bereiten.

Das Gericht befand es als unangemessen, solchen Unterstützungsleistungen so enge Grenzen zu setzen, wie es der §217 bisher vorsah.
Damit bekennt sich unser Staatswesen in einem stärkeren Umfang zu dem Recht, über das Ende des eigenen Lebens auch in “Würde” entscheiden zu können.
Das entspricht dem Empfinden der meisten Menschen und sicher auch den Vorstellungen davon, was man sich selbst in einer solchen Situation wünschen würde.

Damit soll nicht gesagt werden, dass es in einer solchen existentiellen Lage keine widersprüchlichen Perspektiven oder Risiken geben würde; die gibt es sicherlich. Und deshalb werden auch zukünftige Regelungen bestimmte Sicherungen einbauen.

Endgültig überwunden scheint aber wohl der Gedanke zu sein, dass der Mensch aus grundsätzlichen Erwägungen kein Verfügungsrecht über sein Leben haben sollte.
Wenn es nicht Abgeordnete gegeben hätte, die aus solchen religiösen Gründen den §217 in dieser Form wollten, hätte es vermutlich schon längst eine andere Regelung gegeben.
Wie schön, dass wir kein “Gottesstaat” sind, in der ein religiöser Führer das letzte Wort hat!

25.02.2020

Wenn man sich für die Irrungen und Wirrungen der Parteipolitik interessiert, lebt man schon seit einiger Zeit in einem “Goldenen Zeitalter”. Was jedoch im Moment die CDU aufführt, ist geradezu spektakulär.

Die nächsten Wochen und Monate versprechen eine Dauerschleife an taktischen Spielchen und medienwirksamen Pirouetten.

Alle Beteiligten werden dabei nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Bürger ja auf die Lösung von Sachproblemen warteten. Und außerdem hätten sie genug von Parteien, die sich überwiegend mit sich selbst beschäftigen würden.

Meine Frage: Mit wieviel Geduld wird das Wahlvolk auf die Hahnenkämpfe der nächsten Zeit reagieren? Ich bin da ein wenig skeptisch….

23.02.2020

Man kann es nach den letzten Wochen und nach der heutigen Hamburg-Wahl wohl nicht mehr übersehen: Die nächste Bundesregierung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit maßgeblich durch die GRÜNEN geprägt sein.
Entweder werden Sie Junior-Partner einer schwarz-grünen Koalition oder sie stellen in einer grün-rot-roten Koalition auch gleich den Kanzler/die Kanzlerin.

Das bedeutet nicht, dass in naher Zukunft das Paradies auf uns zukommt.
Aber: Es wäre schon ein sehr erfreuliches Signal für die Modernisierung unserer politischen Landschaft und auch der gesamten Gesellschaft.

Man hat fast täglich erneut den Eindruck, dass die GRÜNEN – anders als alle anderen Parteien – kaum einen nennenswerten Ballast an ungelösten inhaltlichen oder personellen Konflikten mit sich herumschleppen.
Das ist durchaus erstaunlich: War doch der verbissene Grundsatzstreit zwischen Realos und Fundies lange Jahre der unvermeidbare Markenkern der grün-alternativen Partei.

Man kann so eine Hypothek offenbar abschütteln. Insbesondere wenn es eine glaubhafte Übereinstimmung zwischen Botschaft und Personal gibt, verbunden mit einem Generationswechsel und einem Auftreten, durch das sich auch Menschen der Generation U-50 angesprochen und repräsentiert fühlen.

Natürlich ist das alles für eine Partei leichter, die ein zentrales Thema hat und dieses auch rein zufällig auch noch eine der wichtigsten Menschheitsaufgabe betrifft.
Im Moment hat man jedenfalls den Eindruck, als ob die GRÜNEN die einzige Partei wäre, die wirklich vorbereitet wäre auf die zukünftigen Herausforderungen.

Es wird in den nächsten Monaten Fehler und Gegenwind geben.
Es bleibt nur zu hoffen, dass dies nicht dazu führt, dass auch die Hoffnungen, die sich auf diese Partei gründen, dann im unbarmherzigen Medien-Gewitter zerstört werden.

“Sei du selbst” von Richard David PRECHT

Es handelt sich sich um den dritten Band der Philosophiegeschichte in vier Bänden. Behandelt werden die Denker des 19. Jahrhunderts, also Geistesgrößen wie Schopenhauer, Feuerbach, Mill, Kierkegaard, Marx, Nietzsche, Freud, usw.

Der Autor orientiert sich zwar auch an diesen Personen und ihren Theorien über Erkenntnismöglichkeiten, Zusammenspiel von Körper, Geist, Psyche und Gesellschaft bzw. das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Moral. Aber Precht wäre nicht Precht, wenn er nicht unaufhörlich Querbezüge herstellen würde zu anderen (früheren oder parallelen) Ideenwelten bzw. zu wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen.
Da der Gegenstand ja sowohl eindeutig umrissen als auch unmöglich zusammenfassbar ist, will ich mich ganz auf die Bewertung konzentrieren.

Zwar nimmt Precht seine Leser immer wieder an die Hand, schafft durch Einleitungen und Zwischenresümees eine gewisse Ordnung. Aber auch Precht, der sicher ein guter Didaktiker ist, kann nicht zaubern. Der Gegenstand seiner Betrachtungen ist geradezu überkomplex – und so ensteht beim ersten Lesen trotz noch so guter Strukturierung ein gewisses Überforderungsgefühl (je nach Vorbildung sicher verschieden ausgeprägt).
Es fallen oft einfach zu viele Namen und Buchtitel auf wenigen Seiten – und gleichzeitig muss ja noch der inhaltlichen Argumentationslinie gefolgt werden. Ein wenig übertreibt Precht m.E. auch mit den biographischen Angaben zu den genannten Personen: Ich muss nicht wirklich wissen, in welcher Reihenfolge diese – offenbar durchweg hochbegabten – Menschen (man könnte auch sagen “Männer”) an welchen Hochschulen welche Fächer studiert haben. Da schlägt eine gewisse Detailbesessenheit durch.

Genug gemeckert! Nun zum Gewinn des Ganzen.
Natürlich wird eine unglaubliche Menge kulturelles und zeitgeschichtliches Wissen vermittelt auf diesen knapp 600 Seiten; das ist keine Überraschung. Dabei geht es tatsächlich um weit mehr als um Philosophie.
Absolut anregend und informativ ist es, das Entstehen (bzw. die Abnabelung) der Wissenschaften Psychologie, Pädagogik und Soziologie aus dem Schoß der “Mutter Philosophie” zu verfolgen. Plötzlich ist man – ohne es vorher so recht zu ahnen – mittendrin in der Geschichte der Psychologie als selbständiges Fach, deren Verlauf gleich in mehreren nationalen Kontexten betrachtet wird. Ziemlich beeindruckend!

Die nachdrücklichste Erfahrung geht aber noch darüber hinaus; sie hat sowohl eine intellektuelle als auch eine emotionale Qualität.
Es ist sowohl faszinierend als auch erschreckend, so klar und eindrucksvoll damit konfrontiert zu werden, was alles schon gedacht und geschrieben wurde im vorletzten Jahrhundert. Manchmal war ich wirklich irritiert, musste einzelne Aussagen zweimal lesen, um es zu fassen.
Was ich meine? Diese klugen Menschen haben praktisch alle Fragen und viele Antworten schon durchdacht und ausgesprochen, die uns heute als modern und aktuell erscheinen. Vieles von dem, was uns für die Bewältigung der Zukunftsfragen relevant erscheint, war zwischen 1850 und 1900 schon Thema niveauvoller wissenschaftlicher Kontroversen – bis zu der Frage, ob sich Bewusstsein und Ich-Gefühl restlos aus der Gehirnphysiologie ableiten lassen. Natürlich geht es auch um Willensfreiheit, Moral ohne Religion, Grenzen der Erkenntnis, um den Zusammenhang zwischen äußerer Realität und innerer Wahrnehmung und die Kunst des sozialen Miteinanders.

Emotional hat mich dabei vor allem bewegt, dass all die Klugheit und all das Wissen nicht verhindert hat, dass im letzten Jahrhundert unfassbare Menschheitsverbrechen begangen wurden. Oder – um es noch aktueller zu sagen: Wie kann es sein, dass eine so intelligente Spezies im Jahre 2020 davon ausgehen muss, das ein bestimmter Präsident in einem bestimmten Land wiedergewählt werden könnte…

So kann auch – oder gerade – eine Philosphiegeschichte Ratlosigkeit hinterlassen.

Warum ich Bücher-Rezensionen schreibe

Den folgenden Text habe ich auf der Plattform “mojoreads” veröffentlicht. Er wurde da durchaus beachtet. Ich stelle ihn deshalb auch hier mal (in leicht verkürzter Form) ein.

Ich bin leider erst sehr spät in meiner Lesebiographie auf die Vorzüge gestoßen, die das Schreiben von Rezensionen mit sich bringt. In den letzten Jahren habe ich diese Vorzüge sehr schätzen gelernt und möchte davon kurz berichten. Die meisten von euch werden ähnlich Erfahrungen selber machen; es geht mir also nicht darum euch irgendetwas Neues zu erzählen, sondern nur darum, diese Erfahrungen einmal in Worte zu fassen.

Das Festhalten von Empfindungen und Gedanken, die ein Buch auslöst, hat für mich zwei Haupteffekte: es intensiviert das Lesevergnügen selbst und vergrößert die Nachhaltigkeit, also den langfristigen Gewinn. Das muss natürlich nicht für jeden Menschen so gelten, weil es für viele völlig ausreicht, das Vergnügen beim Lesen als ein eher „diffuses“ Gefühl zu genießen. Auch die Inhalte oder Themen, die angestoßen werden, können ja durchaus aufgenommen und genutzt werden, ohne sie in eine eigene, sprachlich durchstrukturierte Form zu bringen. Das ist alles richtig und okay.

Ist man aber ein Mensch, der sprachliche Erfassung und Formulierung eigener Gedanken als ein Vergnügen und nicht als eine Pflicht erlebt, ist die Situation ganz klar: Ich bin durch das Verfassen einer Rezension dazu gezwungen, meinen Gedanken zu ordnen und auszudifferenzieren. Wenn ich etwas in eigene Worte fasse, muss ich es klarer durchdringen, als wenn ich meinen Gedankenstrom fließen lasse. Diese Genauigkeit („welches Wort trifft es am besten?“)führt letztlich dazu, dass ich aus dem gelesenen Text mehr für mich herausholen kann – weil ich mir dessen Wirkung durch die Versprachlichung bewusst mache.

Vielleicht kennen andere Menschen diese Erfahrung von Gesprächen nach einem Kinobesuch mit Freunden. Es gibt Menschen, die völlig damit glücklich sind, sich nach einem Film gegenseitig zu bestätigen, dass man ihn genossen hat. Andere Menschen freuen sich schon während des Films darauf, seine Figuren und Handlungsstränge noch mal auf ihre Bedeutung oder in Bezug auf die ausgelösten Empfindungen zu diskutieren. Man dringt sozusagen auf der Analyseebene noch einmal auf eine tiefere Schicht ein und wird sich über die Erlebnisse und deren Hintergründe bewusster. Und erkennt vielleicht Zusammenhänge zwischen filmischen Stilmitteln und deren Wirkungen.

So geht es mir im Umgang mit einem Buch: Schreibe ich eine Rezension, dann eigne ich mir das Buch in einer größeren Intensität an und schaffe gleichzeitig eine Grundlage für mein Gedächtnis, davon auch langfristig zu profitieren.

Literaturwissenschaftliche Aspekte spielen bei meinen Rezensionen keine Rolle; ich habe dafür auch einfach nicht die theoretischen Grundlagen. Viel wichtiger ist es mir, das Gelesene mit meiner Person, meinen Erfahrungen, meinen Zielen und meinen Werten in Verbindung zu bringen. Diese Verbindung, die ja in einer Bestätigung oder in einer Widersprüchlichkeit bestehen kann, ist für mich oft der entscheidende Punkt, der ein Buch für mich interessant macht.

Deshalb ist mein Ziel nicht in erster Linie eine neutrale oder objektive Beschreibung der Qualitäten eines Buches (das muss sicherlich auch ein Aspekt sein), zu sondern es geht für mich immer auch um den Bezug zu mir: Ich muss als Personen in jeder Rezension spürbar sein – sonst ist es nicht meine Rezensionen. Das mögen andere gerne als irgendwie selbstverliebt oder ichbezogen beurteilen; trotzdem ist es meine Triebfeder zu schreiben.

18.02.2020

Zwei Gedanken zur Tagespolititk

Zunächst einmal bin ich ein wenig fassungslos, dass die Umsetzung meiner Idee vom 13.02. in Thüringen nicht zu einer sofortigen Lösung der Krise geführt hat.
Es kann doch nicht wahr sein, dass Herr Ramelow durch seinen Vorstoß zwar alle vorher geäußerten Hindernisse aus dem Weg räumt und die CDU sich dann dennoch ziert, weil sie aus wahltaktischen Gründen eine spätere Neuwahl anstrebt.
So will die CDU beim Wähler wieder punkten?
Was soll Ramelow denn tun? Den Wahltermin so bemessen, dass die CDU einen von ihr festgelegten Mindest-Prozentsatz garantiert hat?
Die spinnen doch!

Dann gibt es da noch die Bewerbung von Herrn Röttgen auf den CDU-Vorsitz. Eine echte Überraschung.
Als Regelmäßiger Talkshow-Beobachter hat man sich in den letzten Jahren öfters gefragt, warum dieser gescheite und abgewogen argumentierende Mensch in der CDU kein angemessenes Amt bekleidet. Man hatte das Gefühl, er ist Spezialagent für Talkrunden; gefühlt habe ich ihn dort schon 100 mal erlebt.
Jetzt will er mitmischen und bringt schon am ersten Tag die Kungelrunde zwischen den drei bisherigen Matadoren durcheinander.
Ich erlebe diesen Politiker als gemäßigt und kompetent. Den Auslandseinsatz als Kanzler könnte er ohne jede Warmlaufphase starten.
Warum also nicht?

17.02.2020

Heute wurde eine Studie über unser zweigeteiltes Krankenversicherung-System veröffentlicht. Um es kurz zu sagen: Dieses – in Europa einmalige – Zweiklassenprinzip ist unsolidarisch und es macht die Versorgung insgesamt teurer. Der Grund: Gut verdienende junge Privatversicherte zahlen deutlich zu wenig; sie können sich aus der Solidarität herausmogeln.

Aber damit sind noch nicht alle Fragen beantwortet. Denn auch in einem einheitlichen System, in das alle einzahlen würden, stellt sich die Frage, ob es z.B. Vergünstigungen für bestimmte gesundheitsfördernde Verhaltensweisen geben darf oder soll. Auch hier warnen viele Sozialpolitiker vor dem Aufweichen des Solidarprinzips.

Da bin ich mal auf der anderen Seite. Ich habe keine Probleme damit, Anreize für das Vermeiden von Risikofaktoren bzw. für eine gesundheitsbewusste Lebensführung zu schaffen. Ich finde es richtig, dass die Menschen wissen und spüren, dass es eben auch etwas mit Solidarität zu tun hat, bekannte Risiken zu vermeiden. Wenn man das nicht will, dann darf es auch ein bisschen teurer sein. Menschen sind so bedacht auf ihre Vorteile; das darf auch mal der “Volksgesundheit” zu Gute kommen…

16.02.2020

Windräder.

Was ist schlecht an Windrädern? Warum freut sich nicht jeder Bürger über ein sich drehendes Windrad?

Mit jeder Drehung wird moderner Strom erzeugt und irgendwo anders CO2 eingespart. Eigentlich müsste jedes Windrad ein wohliges und stolzes Gefühl erzeugen.

Windräder sind ein Symbol für die Energiewende. Man sollte jedem einzelnen Rad einen Namen geben. Gerne auch einen Kosenamen.

15.02.2020

Mir tun die Klimawandel-Leugner in diesen Tagen mal wieder richtig leid.

Wir erleben auf der einen Seite mal wieder einmal Temperatur-Rekorde, die sich an die Auswertungen der letzten Jahre nathlos anfügen.
Gleichzeitig werden fast im Tagestakt Studien veröffentlicht, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass bisherige Vorhersagen revidiert werden müssen.
Immer in die gleiche Richtung, übrigens.
Die Messungen übertreffen mit ihrer Dramatik die Computer-Modelle, oft sehr deutlich.

Das zum Thema “Panikmache”.

Es ist kein Trost für die Leugner-Fraktion in Sicht…


“Der Neurochirurg, der sein Herz vergessen hatte” von James. R. Doty

Dieses Buch hat ungewöhnlich widersprüchliche Gefühle und Bewertungen bei mir ausgelöst. Es war eine kleine Achterbahnfahrt, mit immer neuen Überraschungen und sogar mit einige Loopings.
Ich habe es überstanden (ich bin nicht besonders scharf auf körperliche Grenzerfahrungen); aber es war phasenweise mit intensiver Selbsterfahrung verbunden.

Der Hauptgrund für dieses spezielle Erleben liegt darin, dass dieses Buch ein wildes Durcheinander verschiedener Genres darstellt.
Es ist ein/e
– Autobiografie eines erfolgreichen Arztes
– Entwicklungsroman
– Familiengeschichte
– Anleitung zur Meditation und Körperentspannung
– Fachbuch über Auto-Suggestionstechiken und Positives Denken
– Buch über das Zaubern und die Magie
– Darstellung des Zusammenspiels von Rationalität und Emotionalität
– missionarisches Appell in Richtung Nächstenliebe und Altruismus

Vermutlich ließe sich diese Liste noch problemlos verlängern.
Doch bevor ich noch mehr über meine Eindrücke erzähle, soll grob der Inhalt des Buches skizziert werden:

Der Autor, der die Geschichte seines realen Lebens erzählt, setzt einen ersten Schwerpunkt in seiner späten Kindheit. Aufgewachsen unter schwierigen und ärmlichen familiären Verhältnissen (Vater Alkoholiker, Mutter depressiv, Familie sozial ausgegrenzt), hat er das Glück, in einem Zauberladen einer Frau zu begegnen, die seinem Lebensweg eine unerwartete Wendung gibt.
Sie führt in ein in eine “andere” Art von Magie, die insbesondere das Erlernen einer Entspannungs- und Meditationstechnik und die Anleitung zu selbstwertfördernden Imaginationen und Autosuggestionen beinhaltet. Der Junge lässt sich darauf ein, weil dieses Angebot mit der völlig ungewohnten Erfahrung von Interesse und Zuwendung verbunden ist.

Der weitere Lebensweg des erst jungen, später dann älteren Mannes verläuft alles andere als gradlinig. Doch all das, was ihm widerfährt und was er selber vollbringt, baut auf den Erlebnissen und Kompetenzen seiner Kindheit auf.
Die zwei entscheidenden Bausteine sind einmal der Glaube an die eigenen Potentiale bzw. an die Erreichbarkeit seiner Ziele (z.B. Arzt zu werden) – und zum anderen seine besonderen Fähigkeiten beim Fokussieren seiner Aufmerksamkeit bzw. beim Nutzen seines Gedächtnisses.

Der Autor nimmt uns mit auf einige Umwege und Schleifen; einige davon erscheinen wirklich überraschend und irritierend.
Erst die Überwindung einiger Krisen führt den Arzt und Geschäftsmann letztlich zu der Erkenntnis, dass er eine wichtige Botschaft aus seinem frühen “Lebens-Coaching” übersehen hatte: Er hatte sich reduziert auf Geld und Erfolg und dabei sein “Herz” vergessen.
Soweit die Handlung; am Ende wird – damit ist wohl kaum ein Geheimnis gelüftet – alles gut.

Es wird viel Lebensweisheit vermittelt in diesem Buch. Auch ein paar konkrete Methoden, die heutzutage in Achtsamkeits-Kursen oder Psychotherapien zur Anwendung kommen. Man bekommt auch ein Gefühl dafür, wie entscheidend es für benachteiligte junge Menschen sein kann, wenigstens ein einziges Mal auf einen zugewandten und förderlichen Menschen zu treffen.
Das ist auf der “Haben-Seite”.

Man muss aber einiges in kauf nehmen dafür:
– Der Autor mutet den Lesern insgesamt ein gehöriges Maß an Redundanz, also Wiederholungen zu
– die gebetsmühlenartig wiederholte These, dass man im Leben alles erreichen könne, wenn man es sich nur immer wieder ganz lebhaft vorstellen und sich doll bemühen würde, hat zwar einen wahren Kern, ist aber in der dargebotenen Absolutheit schlichtweg unsinnig
– Das Bild vom “Herz” als Ergänzung und Gegenstück zum Gehirn wird in einer kaum noch erträglichen Form überstrapaziert (bis zu einer Art zweiten Steuerzentrale für alles, was irgendwie emotional, sozial und moralisch ist)
– die abschließend dargebotenen wohlgemeinten und durchaus sympathischen Bekenntnisse zum Altruismus sind nicht ganz frei von kitschigen Anteilen

Es wird wohl deutlich: Mich hat es einiges an Geduld und Toleranz gekostet, Mr. Doty auf seinem Lebensweg zu begleiten. Es ist eben auch eine typisch amerikanische Geschichte vom Aufstieg aus dem Ghetto in die Höhen des Reichtums, gefolgt vom Scheitern an der eigenen Hybris bis zum geläuterten Erkennen des eigentlichen Lebenssinns.
Man kann das lesen; es lässt einen nicht unberührt.
Aber ich kann wirklich keine Garantie dafür übernehmen, dass man dieses Buch nicht vielleicht auch nach der Hälfte genervt in die Ecke feuern möchte, weil die Botschaften doch als zu platt empfunden werden.

Schreibt mir gerne eure Meinung.