“Das Ende der Illusionen” von Andreas RECKWITZ

Dies ist das zweite Buch des populären Soziologen Reckwitz, das ich innerhalb der letzten Wochen gelesen habe.
Während es im ersten Buch (“Die Gesellschaft der Singularitäten“) darum ging, die gesamte gesellschaftlicher Entwicklung der sog. “Spätmoderne” auf dem Hintergrund einer gemeinsamen Schablone zu betrachten (eben der Tendenz zur Singularität), spannt Reckwitz in seinen fünf Beiträgen der Bogen ein wenig weiter.

Diese fünf Aspekte betreffen:
– die Veränderungen im Kulturbereich und Kulturbetrieb
– die Entwicklung einer neuen gesellschaftlichen Klassen-Aufteilung
– die Ablösung eines industriellen Kapitalismus durch einen “kognitiv-kulturellen” Kapitalismus
– die Ausrichtung weiter Teile der Gesellschaft auf das Ziel der “Selbstverwirklichung” und dessen Folgen
– die Frage nach einem notwendigen und neuen politischen Rahmen für unsere Gesellschaft insgesamt (er nennt ihn: “einbettenden Liberalismus”)

Das klingt alles sehr abstrakt; ein wenig nach Soziologen-Kauderwelsch.
Und zugegeben: Wer Sätze mit mehr als zwei Fachbegriffen oder Fremdworten nicht mag, sollte nicht zu diesem Buch greifen.
Wer sich an gut hergeleiteten Analysen von zeitgeschichtlichen Entwicklungen erfreuen und die damit verbundenen “Aha-Erlebnisse” genießen kann, der ist bei Reckwitz genau richtig.

Was bekommt man?
Letztlich bekommt man ein beschreibendes und z.T. auch erklärendes Gerüst für ganz unterschiedliche Phänomene in Wirtschaft, Konsum, Bildung, Reisen, Wohnen, Partnerschaft, usw.
Damit werden bestimmte – gut nachvollziehbare – Beobachtungen (z.B. bzgl. der Wertigkeit von bestimmten Ausbildungen oder Berufsbildern) nicht als interessante Einzelphänomene betrachtet, sondern in einen verbindenden Kontext gesetzt. Viele Veränderungen ergeben – gemeinsam betrachtet – einen Trend. Aus solchen Trends ergeben sich neue Gewohnheiten, Bewertungen und letztlich auch Strukturen.
Mit Distanz und aus analytischer Perspektive betrachtet erkennt dann der Soziologe eine eine neue gesellschaftliche Epoche. In diesem Fall die “Spätmoderne”.

In den fünf Aufsätzen werden zwar unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, es geht aber immer um die gleiche Grundbetrachtung. Es gibt daher große Überschneidungen; die entscheidenden Begrifflichkeiten tauchen immer wieder auf.
Lesbar und verständlich sind die Kapitel aber auch für sich alleine.

Für psychologisch interessierte Menschen ist das Kapitel über die “Selbstverwirklichung” und ihre emotionalen Kosten ein wahrer Genuss. Es macht einfach total viel Spaß, einen Soziologen über ursprünglich psychologische Konzepte “reden” zu hören. Man möchte am liebsten die Grenzen zwischen den beiden Fachgebieten öffnen, sich auf einer gemeinsamen intellektuellen Spielwiese treffen und in einem fairen Wettkampf um die treffenderen und erkenntnisreicheren Konzepte antreten.
Mir hat es großes Vergnügen bereitet, mich selbst einzuordnen in den Irrungen und Wirrungen der Selbstverwirklichungs-Euphorie; man kann ganz gut über sich selber schmunzeln, man fühlt sich durchaus auch mal erwischt…

Okay, ich will niemandem dieses Buch als amüsante Nachttisch-Lektüre verkaufen. Es bleibt ein wissenschaftliches Fachbuch, es bleibt Lese-Arbeit.
Das (optisch) kleine und unscheinbare Büchlein ist inhaltsschwer – auch weil die Schrift recht kleingedruckt ist.

Und der Vergleich der beiden Bücher?
Das fällt mir schwer. Das Singularitäten-Buch ist auf jeden Fall das “schönere” Buch; es macht deutlich mehr her. Es ist noch systematischer aufgebaut als das hier besprochene Nachfolgewerk. Es gibt einen großen roten Faden.
Trotzdem ist man wohl als jemand, der Reckwitz und seine Theorien kennenlernen will, mit dem “Ende der Illusionen” besser bedient. Der Ansatz ist noch ein wenig breiter und nicht so stark zugeschnitten auf eine Hauptthese.

08.03.2020

Man gibt uns ein Gefühl des Umsorgtwerdens.
Krisenstäbe treffen sich, Politiker treffen sich. Es werden Empfehlungen ausgesprochen, mit zunehmender Dringlichkeit.
Das ist gut und richtig. Auch ich verlasse mich darauf, dass es Notfallpläne für den Fall gibt, dass die sensiblen Schnittstellen unserer hochkomplexen Grundversorgung in Gefahr zu kommen drohen.
Da wird es Urlaubssperren und Dienstverpflichtungen geben (müssen).

Es gibt auch aktuelle Pläne und angekündigten Entscheidungen, die mich irritieren:
Steuersenkungen sollen vorgezogen werden, Kurzarbeitergeld soll fließen, Konjunkturprogramme werden vorbereitet.
Ich frage mich: Muss schon bei den ersten zarten Auswirkungen das Pulver aus vollen Rohren verschossen werden? Wissen wir schon, was insgesamt auf unsere Gesellschaft zukommt? Ist es wirklich vordringlich, den privaten Konsum anzuheizen, angesichts einer völlig unklaren Perspektive? Könnte es nicht sein, dass wir die Milliarden, die jetzt eine erste wirtschaftliche Delle ausgleichen sollen, später für weit dringendere, existenzielle Aufgaben benötigen?

Noch allgemeiner gefragt: Welches Signal brauchen wir? Dass alles so weitergehen kann wie bisher? Teile der Wirtschaft kommen zum erliegen – der Staat richtet es so schnell und so perfekt, dass keiner was merkt?

Wie lange soll das funktionieren? Wie lange will man den Leuten vormachen, dass die Corona-Krise nicht mit Zumutungen verbunden sein wird?
Glaubt man wirklich, die Spielchen aus der Klimapolitik ließen sich auf das Virus übertragen? Nach dem Motto: “Es ist zwar schlimm und wir müssen was tun – aber es darf keiner spüren?”

Müsste es nicht genau umgekehrt sein? Müsste nicht die Konfrontation mit den unvermeidbaren Zumutungen der Epidemie eine Art Modell dafür sein, dass wir auch mit den mittel- und langfristigen Bedrohungen mutiger und konsequenter umgehen sollten. Auch die Bekämpfung der Klimakrise wird in einigen Bereichen ans Eingemachte gehen (müssen).

Ich bin für jede Art von Hilfe und Unterstützung – aber hört auf den Menschen vorzugaukeln, es ginge ohne Zumutungen ab.
Und spart die Ressourcen für den Fall, dass aus Zumutungen echte Not wird.

“Was auf dem Spiel steht” von Philipp BLOM

Ja, schon wieder so ein Zukunfts-Buch. Nicht nagelneu, von 2017.
Es reiht sich ein in die Veröffentlichungen von Harari, Yogishwar, Lesch, Welzer, Precht und anderen. Diese Autoren und ihre Bücher beobachten, analysieren und kommentieren aktuelle Tendenzen in Wissenschaft, Gesellschaft, Wirtschaft, Technik und Politik.
Sie tun das nicht aus einer neutralen Position heraus. Sie wollen aufklären, warnen – und sie wollen etwas bewahren: unseren demokratischen Rechtsstaat.

Was ist nun das Besondere an dem Buch von Blom?

Blom ist Historiker (das verbindet ihn z.B. mit Harari). Er erklärt, aus welchen Entwicklungssträngen heraus sich unser aktuelles Gesellschaftsmodell entwickelt hat. Er beschreibt dann die besonderen Charakteristika unser Art zu leben. Dabei spielt aus seiner Sicht die Konzentration und Fixierung auf einen “Hyperkonsum” eine entscheidende Rolle.
Er stellt dann dar, warum dieses Wirtschafts-Modell nicht zukunftsfähig ist, nicht sein kann.
Schließlich verwendet der Autor ein großes Kapitel darauf, ein mögliches Szenario aufzuspannen, wie der Übergang in eine nachhaltige Lebensweise von statten gehen könnte. Nicht als Prognose, sondern als einen exemplarischen Verlauf.

Ich habe das bewusst nüchtern und “trocken” dargestellt. Natürlich um Inhaltsangabe und Bewertung zu trennen.
Es passt aber auch: Blom ist kein emotionaler Demagoge, er wirkt nicht aufgeregt.
Blom argumentiert engagiert, aber sachlich. Man kann sich seinen Analysen kaum verschließen, man fühlt sich informiert, aufgeklärt, mitgenommen. Der Mann braucht nicht zu lärmen – er hat die Realität (die Fakten und Daten) auf seiner Seite.
Dieses Buch lässt sich einfach gut lesen; man kommt mir dem zustimmenden Nicken kaum hinterher. Vieles weiß man schon, hat man in anderen Zusammenhängen schon gelesen. Das macht aber nichts – denn Blom fügt neue, erhellende Perspektiven hinzu.

Einen echter Mehrwert stellt seine Transformations-Utopie dar. Hier traut sich jemand, mal durchzuspielen, was es denn wirklich bedeuten könnte, wenn es einen konsequenten Wechsel geben würde. Das Szenario wird insbesondere dadurch glaubwürdiger, dass es kein Schönwetter-Idealbild beschreibt. Im Gegenteil: Erst eine echte Krise hat die Umstellung erzwungen und sie verläuft alles andere als reibungslos. Das erzeugt kein wohliges Gefühl – aber es schafft endlich mal eine Grundlage für Überlegungen und Planungen: an was müsste man alles denken, damit bestimmte chaotischen Entwicklungen vielleicht eben nicht eintreten. Und welche – schon jetzt sichtbaren – gesellschaftlichen Experimente wären zu unterstützen, damit sie den Weg in die Nachhaltigkeits-Zukunft weisen können.

Ein anregendes Buch. Ein Buch zum “Weltverstehen”.
Für mich persönlich das ultimative Kompliment!

06.03.2020

Ich weiß nicht, wie es euch geht.
Ich werde von Tag zu Tag etwas nachdenklicher.

Wir machen wohl alle in diesen Tagen ein paar neue Erfahrungen. Mit der Welt um uns herum und vielleicht auch schon mit uns selber.
Wie gehen wir um, mit den Unsicherheiten und leichten Zweifeln?
Bisher war doch immer alles gut, alles irgendwie übertrieben – all die anderen vermeintlich so großen Gefahren (SARS, Ebola, Schweinepest, Grippe-Wellen). Letztlich alles Rohrkrepierer – viel Wind und heiße Luft.

Fühlt sich manches vielleicht doch im Moment schon ein wenig anders an? Kommen bei den so selbstgewiss geappten Ulk-Bildern und -Videos zum “Corona-Wahnsinn” inzwischen ungeliebte andere Empfindungen hoch?
Und wenn denn doch……

Da bleiben jetzt tatsächlich schon echte Flugzeuge am Boden. Da fehlt den leibhaftigen Ärzten die Schutzkleidung, Da fällt auf einmal auf, dass fast alle Medikamente inzwischen in China und Indien hergestellt werden.
Ups! So hatten wir uns die Globalisierung nun doch nicht vorgestellt…

Aber hatten wir nicht immer letztlich doch alles unter Kontrolle – in den letzten 70 Jahren? Gut, das mit der Kuba-Krise war knapp, und der eine sowjetische Fehlalarm hätte um Haaresbreite den atomaren Showdown ausgelöst…
Aber sonst: Alles gut geregelt und für den Rest gut versichert!
Wir leben schließlich in Deutschland: gut Verwaltung, gute Ingenieure, der Notarzt braucht nur fünf Minuten…

Wissen wir (meine Generation), wie sich echter Kontrollverlust anfühlen könnte?
Okay – wir kennen das aus dem privaten Bereich: Wir spüren unsere Machtlosigkeit bei persönlichen Tragödien, bei Unfall, Krankheit und Tod.
Aber dass unsere so gut geölte (Wortspiel!) Wirtschafts- , Konsum-, Gesundheits- und Reisewelt ins Wanken geraten könnte, kommt uns doch ziemlich fremd vor – geradezu unwirklich.

Aber es kommt näher. Schleichend, in kleinen Dosen.
Selbst coole Typen kaufen mal ein paar Sachen auf Vorrat ein (schadet ja nichts…).
Dann die Börsenkurse, ausbleibende Lieferungen, stillstehende Bänder.
Und dann kommen die Gedanken, dass die Menschheit zwar schon viele Krisen gemeistert hat – wir aber keine Erfahrungen damit haben, wie eine so komplexe, vernetzte, hochspezialisierte und extrem technisierte Gesellschaft mit größeren Belastungsproben umgeht.
Ist das Eis, auf dem wir uns bisher so selbstsicher bewegt haben nicht in Wirklichkeit verdächtig dünn?
Haben wir genug Puffer? Wenn plötzlich an den sensiblen Schaltstellen unserer Infrastruktur (bei Strom, Wasser, Medizin und Grundversorgung) nicht nur Material, sondern auch Menschen fehlen? So echte Spezialisten? Weil sie erkrankt sind oder aus Angst vor Ansteckung nicht zur Arbeit kommen?

Es geht mir nicht um Horrorszenarien oder Panikmache.
Ich finde es nur spannend, sich selbst und seine Mitmenschen zu beobachten.
Verschieben sich schon die eigenen Prioritäten? Denkt man vielleicht schon daran, dass man auf die ein oder andere Sache tatsächlich verzichten könnte – wenn man dadurch nur von ernsteren Folgen verschont bliebe?

Ich wäre schon inzwischen jedenfalls sehr froh und erleichtert, wenn ich in 6, 12 oder 24 Monaten noch das Gefühle hätte, in der gleichen (halbwegs sicheren und geordneten) mitteleuropäischen Welt leben zu dürfen.

“Mister Aufziehvogel” von Haruki MURAKAMI

Eine schwierige Aufgabe: Wie schreibt man eine angemessene Rezension, wenn man das Buch eines Lieblingsautors ziemlich schlecht findet.
Es hilft nichts: Man muss sich der Realität stellen.

Ich habe die unnachahmliche Art von Murakmi, Romane zu schreiben, schon mehrfach beschrieben (zuletzt hier). Es hat immer etwas damit zu tun, dass eine zweite Ebene sich in eine zunächst oft belanglose Alltagswelt schiebt. In dieser Ebene gelten die physikalischen Grundgesetze nicht mehr; Realität, Traum und Fantasie vermischen sich genauso wie gewöhnliche Lebensräume sich mit abstrusen örtlichen Gegebenheiten abwechseln. Erstaunlich oft sind das übrigens unterirdische Höhlen, Brunnen oder Schächte. In diesem Roman sind die Brunnen der absolute Hit…

Auch in dem Aufziehvogel wird zunächst eine unspektakuläre Welt beschrieben. Die eines jungen Ehepaares, das auf keiner Ebene das Zeug mitzubringen scheint, einen langen Roman mit Inhalt füllen zu können. Es riecht nach Banalitäten; es wir gekocht und Kleidung von der Reinigung abgeholt.
Aber innerhalb weniger Tage füllt sich das Leben des männlichen Protagonisten (und Ich-Erzählers) mit einer ganzen Anzahl von – teilweise völlig skurrilen – Personen, die verblüffend viele Bezüge zu dem Bruder seiner Frau aufweisen. Ein Bruder, der im Laufe des Romans vom Unsympathen zum Hassgegner wird.

Ich will erst gar nicht anfangen, die Handlungsfäden aufzuzählen, die sich im Laufe der Zeit zu einem fast undurchdringlichen Knäuel verstricken und dabei immer stärker in die “Schattenwelt” abdriften, in der alle möglichen Grenzen zerfließen.

Ich bin normalerweise sehr tolerant, wenn es Murakami mal zu doll treibt mit seinen Verrücktheiten; das ist irgendwie eingepreist – weil man ja dafür auch etwas Besonderes bekommt.
Für mich funktioniert das bewährte Modell aber bei diesem Roman nicht.
Das hat folgende Gründe:
– Es gibt im Aufziehvogel extrem minutiöse Schilderungen von sadistischer Gewalt (das wertet für mich jedes Buch ab, grundsätzlich).
– Mir fehlt ein Thema, das mich auf einer persönlichen Ebene berührt oder betrifft (es geht inhaltlich viel um die japanische Militärgeschichte des 2. Weltkrieges).
– Das surreale Spiel mit den unterschiedlich Erzählebenen und die immer neuen Absurditäten haben mich in dieser Geschichte irgendwann nicht mehr fasziniert oder unterhalten, sondern nur noch genervt. Es ist einfach zuviel des Guten.

Vielleicht reichte diesmal mein literarisches Verständnis nicht. Vielleicht habe ich übersehen, welch vielsagenden Metaphern in diesem Roman bedeutende Aussagen über unsere Welt machen. Kann alles sein.

Ich empfehle diesen Murakami jedenfalls nicht.
Das nächst Mal, wenn ich ein Buch beim ersten Durchgang abbreche, werde ich diesem Gefühl trauen und auf den zweiten Versuch verzichten.


03.03.2020

Es ist ein bisschen zum Verzweifeln.

Die USA sind eine große und mächtige Nation. Die Demokratische Partei hat eine lange Geschichte und eine Reihe von Präsidenten gestellt. Am einige kann man sich erinnern: Kennedy, Carter, Obama.

Im Moment geht es darum, einen Kandidaten / eine Kandidatin zu finden, die einem der umstrittensten Amtsinhaber aller Zeiten mit einer gewissen Erfolgschance entgegentreten könnte. Es gibt sehr viele gute Gründe, den aktuellen Präsidenten abzuwählen; er bietet dafür eine kaum zu übertreffende Zahl von Angriffspunkten.

Und jetzt soll die ganze Sache daran scheitern, dass es niemanden gibt, der so viel Kompetenz, Persönlichkeit und Zuversicht ausstrahlen kann, dass er/sie die Partei hinter sich bringen kann?
Kaum zu fassen. Wie kann das sein?

Heute Nacht fällt eine Vorentscheidung.
Es gibt berechtigte Zweifel, ob die dazu führen kann, dass noch eine echte “Wechselstimmung” durch das große Land wehen kann.
Es wäre traurig und für viele wichtige Themen extrem nachteilig, wenn ein so ignoranter und charakterloser Präsident wegen der Schwäche seiner Gegner im Amt verbliebe…

02.03.2020

Eine Meldung kurz vor Tagesende: Unsere Umweltministerin startet eine Initiative zur Verbesserung der Energiebilanz der Digitalwirtschaft.

Das ist sinnvoll und überfällig. Es kann doch nicht sein, dass ausgerechnet das “smarte” digitale Leben zu einem der weltweit größten Energie- und Rohstofffresser wird.

Auch hier geht es nicht ohne Regeln und Vorschriften. Die EU ist dabei durchaus ein Machtfaktor.

Es geht aber auch um Bewusstseinswandel: Wie chic ist es, ein Smartphone zu haben, das nach- und aufgerüstet werden kann? Kann es sich ein Streamingdienst in Zukunft noch leisten, seine Serverhallen noch mit “schmutzigem” Strom zu betreiben?

Es gibt keinen Grund, der digitalen Verschwendung mehr Toleranz entgegenzubringen als der Anologwirtschaft.

01.03.2020

Ein Sechstel des Jahres ist schon wieder rum. Hat einer davon etwas gemerkt?

Es wird ein unruhiger März. Die Probleme häufen sich gerade.

Es geht inzwischen um ernstere Dinge als um Pateiengezänk in Thüringen oder bei der CDU. Es geht um humanitäre Katastrophen in Syrien und deren Auswirkungen auf die Flüchtlingssituation in Türkei und Griechenland. Das leidige Migrationsthema wird sich ganz schnell wieder in den Vordergrund schieben und die bekannten Gräben in Politik und Gesellschaft aufreißen.
Meine Meinung: Es müsste endlich ein Weg gefunden werden, die kurzfristige Flüchtlingshilfe von Themen wie Asyl oder Einwanderung zu trennen. Die meisten Menschen wären doch bereit, den durch Kampfhnadlungen vertriebenen Menschen für eine begrenzte Zeit ein Dach über den Kopf und Nahrung zur Verfügung zu stellen. Deshalb muss man nicht gleich in die ganze Sozialstaats-Maschinerie bis hin zur dauerhaften Integration anwerfen.

Der Corona-Virus wird uns eine Weile begleiten; vermutlich mehrere Monate. Er wird der Wirtschaft weltweit zusetzen.
Vielleicht kann ja so ein Virus darauf aufmerksam machen, wie labil unser ganzes globalisiertes Wachstumsmodell in Wirklichkeit ist. Das ist sicher kein Grund zur Freude und niemand sollte schadenfroh sein. Aber es könnte wachrütteln.
Vielleicht lassen uns die kurzfristigen (Virus) und mittelfristigen (Klima) Bedrohungen noch die Zeit, unsere Art zu leben und zu wirtschaften mal grundsätzlich zu überdenken: Wie wäre es, in einer Welt zu leben, in der dem Konsum und dem Wachstum auf einmal Grenzen gesetzt wären, schmerzhafte Grenzen?
Haben wir einen Plan B? Sagen wir mal für den Fall, dass wir unseren Lebensstandard um ein Drittel reduzieren müssten…

Möglicherweise sind das alles übertriebene Schwarzmaler-Szenarien. Aber ich wäre gerne rechtzeitig (als Gesellschaft) darauf vorbereitet, dass es tatsächlich mal von allem weniger geben könnte. Vielleicht nur so viel, wie vor 30 oder 40 Jahren.
Man liest in den Geschichtsbüchern, dass damals auch schon so etwas ähnliches wie menschliches Leben möglich gewesen sein soll…