“Der Hunger nach Leben” von Ella ZEISS

Bewertung: 3 von 5.

In diesem historischen Roman wird die Geschichte von Noah erzählt, der als Sohn einer ukrainischen Bauernfamilie mit den Folgen von Willkür, Not und Unterdrückung in der Zeit der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft zu kämpfen hat.
Wir erfahren, wie ihm in den 1930-iger Jahren schon im Kindesalter die Verantwortung zukam, das Überleben seiner Familie (Mutter und drei jüngere Geschwister) zu sichern.

Der Autorin gelingt es dabei auf überzeugende Weise, das Erleben von hilfloser Wut, Verzweiflung, aber auch unbändigem Überlebenswillen aus der Binnenperspektive eines Kindes bzw. Jugendlichen nachvollziehbar zu machen. Dass dem Jungen dabei fast übermenschliche Kräfte zugeschrieben werden, ist angesichts der Dramatik der Ereignisse akzeptabel.

Die Stärke des Romanes liegt darin, die Schikanen der Mächtigen (Parteifunktionäre und deren Zuarbeiter) und deren zermürbende Auswirkungen auf die vermeintlichen Klassenfeiende in das konkrete Alltagsleben einer Familie zu übertragen. So spiegeln sich Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch nicht in abstrakten Strukturen, sondern im täglichen Hunger und in quälender Not der beschriebenen Familie.

Schwächen zeigt der sehr persönliche und emotionale Erzählstil der Autorin dort, wo man als Leser/in etwas weitergehende zeitgeschichtliche Hintergrundinformationen erwartet. Es wird – über die örtlichen Unterdrückungsstrukturen hinaus – kein historischer Rahmen bzw. Überbau angeboten, der zur Einordung der Geschehnisse in die politischen Entwicklungen dieser Zeit dienen könnte.
Zwar erfährt man von dem ideologischen Kampf gegen die “Kulaken” (die vermeintlich reichen Privatbauern), die ideologischen Hintergründe, die Größenordnung und die zeitgeschichtliche Bedeutung dieser Ereignisse werden im Text nicht wirklich deutlich.

So bleibt dieser Roman eine beeindruckende und anrührende Einzelfall-Schilderung. Mit nur begrenztem Aufwand hätte er darüber hinaus noch deutlich mehr vermitteln können.
Schade!

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