08.03.2023 60 Jahre Pop- und Rockmusiker

Eigenes Bildmaterial

Wir sind es inzwischen gewohnt, dass bekannte Rock- und Popkünstler ihr 50. oder gar 60. Bühnenjubiläum feiern. Das bekannteste Beispiel dafür sind wohl die Rolling Stones.

Aber es gibt auch in Deutschland solche Bühnen-Dinosaurier: Achim Reichel gehört dazu.
Seine damalige Band “The Rattles” wurde 1960 gegründet. 1966 standen diese sogar als Vorgruppe der Beatles auf deutschen Bühnen.
Gestern konnte ich den 79-jährigen Sänger und Gitarristen in der Essener Lichtburg sehen und hören.

Im Gespräch mit meinem Sitznachbarn (der mir vorher meine überzählige zweite Karte abgekauft hatte) haben wir – wie üblich bei solchen Gelegenheiten – unsere Musik-Biografien ausgetauscht: Wer hat wann welche Konzerte besucht? Hat man selbst mal Musik gemacht? Was bedeutet die Musik-Welt heute noch?

In solchen Momenten wird mir dann bewusst, wie tief doch diese subkulturelle Prägung in meine Biografie eingewoben ist. Beat- und Rockmusik hat mich seit dem 11. Lebensjahr (ich hatte eine ältere Schwester) durch alle Windungen meines privaten und beruflichen Lebens begleitet. Die gefühlte Nähe zu dieser Musik und auch zu einigen Interpreten hat eine Art tragende Säule in meinem Leben gebildet, die ganz unabhängig von allen anderen Veränderungen auch so etwas wie unangreifbare Zugehörigkeit und Identität gestiftet hat.
So gibt es jetzt – im Jahre 2023 – ein durchgängige Linie von den ersten Verzückungen vor dem Transistor-Radio (1965) bis zu aktuellen Konzertbesuchen und dem Trommeln auf den häuslichen E-Drums.
Das fühlt sich richtig gut an!

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

07.03.2023 Geschlechter-Gleichheit

Durch KI generiert (DALL-E von OpenAI)

Wie jedes Jahr um etwa diese Zeit geht es gerade mal wieder um die Gehalts-Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen. Die Argumente und Forderungen sind seit Jahrzehnten bekannt.
Worauf sich alle einigen können: Wenn gleiche Arbeit mit gleichen Qualifikationen erbracht wird, darf die Bezahlung nicht geschlechtsbedingt abweichen.

Mich interessiert gerade ein besonderer Teilaspekt:
Ein Teil des “gender pay gaps” kommt bekannterweise dadurch zustande, dass Frauen (zeitweise) ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder einschränken (also in Teilzeit arbeiten). Das kann sich dann auch langfristig auf Karrierestufen und Gehälter auswirken.
Bei einem Teil der Frauen wird das dadurch bedingt sein, dass keine optimalen Ganztags-Betreuungsangebote zur Verfügung stehen. Hier könnte die Gesellschaft sicher noch nachbessern.
Aber: Was ist mit den Frauen, die sich aus eigenen persönlichen Motiven dafür entscheiden, eine Zeitlang andere Prioritäten zu setzen – obwohl es Alternativen gäbe. Gibt es solche Frauen nicht? Darf es die (aus ideologischen Gründen) nicht geben? Darf es die deshalb nicht geben, weil in unserer modernen “Gender-Welt” auf gar keinen Fall biologische Faktoren (z.B. die Stillfähigkeit und hormonelle Unterschiede) für irgendeine gesellschaftlich relevante Dimension verantwortlich sein dürfen?

Es geht noch weiter: Muss eine Gesellschaft aktiv verhindern, dass geschlechtsspezifische (und möglicherweise biologisch mit-determinierte) Unterschiede entstehen – selbst wenn diese auf “freien” Entscheidungen von erwachsenen Frauen beruhen, die sich vielleicht durch einen sehr basalen inneren Antrieb zum Ausleben ihres Mutterseins berufen fühlen.
Kann man also erst zufrieden sein, wenn der gender pay gap bei 0% liegt?
Für mich ein abwegiger Gedanke!

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

“Achtsam Morden im Hier und Jetzt” von Karsten DUSSE

Bewertung: 2.5 von 5.

Karsten DUSSE hat mit “Achtsam Morden” eine eigene Marke geschaffen, mit internationalem Erfolg.
Nach einem ersten Abbruch hier der zweite Versuch einer Annäherung.

Als Protagonist lässt der Autor einen Rechtsanwalt auftreten, der seinen Lebensunterhalt durch die Verbindung zum organisierten Verbrechen bestreitet. So lebt er in einer Art Grauzone zwischen einem Mainstream-Leben als getrennt lebender Vater und Ex-Ehemann und als Edel-Ganove, der sich nach Bedarf den (kriminellen und gewalttätigen) Ressourcen seiner Organisation bedienen kann.
DUSS setzt auch auf anderen Ebenen auf ungewohnte Kontraste und hat so jede Menge Aufmerksamkeit auf seine Romane gezogen: Er verbindet Versatzstücke aus der Psycho-Welt – Coaching, Therapie, Achtsamkeitskult – mit gewaltvollen (mörderischen) Handlungen gegenüber Gegnern, die auch aus dem kriminellen Milieu stammen (und daher offenbar keiner Schonung oder Mitgefühl bedürfen). Sein Erfolgsschlüssel liegt also in der überraschenden und befremdlichen Anwendung von Prinzipien der sanften Psycho-Szene auf handfeste Gewaltausübung.
Das Ganze ist eingebettet in eine egozentrisch-ironisch-zynische Grundhaltung des Protagonisten gegenüber seinen Mitmenschen. Die Grundbotschaft lautet: Man kann also achtsam böse sein!
Gleichzeitig beinhaltet der zu opulenten Detailschilderungen neigende Schreibstil Von DUSS eine augenzwinkerndes Distanzierung zu den Inhalten – so dass man das Ganze natürlich auch als einen tollen Spaß in Richtung “Schwarzer Humor” betrachten kann (was die meisten Leser/innen vermutlich auch tun).

In dem hier besprochenen Buch geht es um die Bhagwan- und Tantra-Szene.
Der Anwalt gerät zufällig in eine dramatische Verwicklung, da sein Achtsamkeits-Coach plötzlich von seiner Bhagwan-Vergangenheit eingeholt wird. DUSS konstruiert auf diesem – reichlich ausgeschmückten – Hintergrund eine Art Krimihandlung, die natürlich wieder einen geschickt inszenierten Mord beinhaltet. Die Perfektion dieses Verbrechens und seine Vertuschung werden mit einem sarkastischen Zynismus zelebriert.

Man kann diesem Buch natürlich nicht jeden Unterhaltungswert absprechen. Es gibt so etwas wie Situationskomik, unerwartete Wendungen und sicher auch ein paar treffende und entlarvende Beobachtungen der von DUSSE besonders gerne bloßgestellten Milieus. Dazu gehören z.B. auch die “Öko-Spinner” mit ihren Lastenfahrrädern und E-Autos (denen vermutlich auch der Autor selbst eher kritisch gegenübersteht).
Um den Hype um dieses Genre nachvollziehen zu können, muss man aber wohl etwas anders gestrickt sein als ich. Man muss grundsätzlich dazu bereit sein, Zynismus, Gewalt und Mord in einem bestimmten Kontext “witzig” zu finden. Ich will das keineswegs moralisch verurteilen – es gibt eben unterschiedliche Arten von Humor und nicht jede/r ist so hypersensibel, die Inhalte solcher Bücher als letztlich doch eine Spur “menschenverachtend” zu empfinden.
Das ist ganz sicher Meinungssache. Ich jedenfalls brauche keinen weiteren Einblick in die Welt des achtsamen Mordens.

05.03.2023 Es braut sich etwas gegen GRÜN zusammen

Es läuft nicht gut bei den GRÜNEN.

Die Partei bzw. ihre BundesministerInnen werden zunehmend zerrieben zwischen den Erwartungen und Ansprüchen der Parteibasis und den bremsenden Aktionen in der Ampel-Koalition. Dabei entsteht der Eindruck, dass hier neben inhaltlichen Gründen auch Parteistrategie eine Rolle spielt: Man will die GRÜNEN systematisch schwächen.

Die SPD hat ein großes Interesse daran, dass der Abstand zwischen den Wahlerfolgen von Rot und GRÜN wieder zunimmt, so dass das alte Bild der SPD als “Volkspartei” wieder Geltung bekommen kann. Die FDP kämpft verzweifelt darum, überhaupt wieder in eine halbwegs vergleichbare Situation gegenüber den GRÜNEN zu kommen.

Das Ergebnis: Mutwilliger Streit durch Blockaden der FDP (insbesondere im Verkehrsbereich) und eine Kampagne gegen die Berliner GRÜNEN, denen die Verantwortung für den Schwenk der SPD zur CDU zugeschoben wird.

Es ist zu befürchten, dass hier Vertrauen und zukünftige rot-grüne Optionen verspielt werden. Für die dringend notwendigen Entscheidungen der nächsten zwei Jahre verheißt das nichts Gutes.

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

“Pantopia” von Theresa HANNIG

Bewertung: 4.5 von 5.

Man könnte mit einiger Berechtigung sagen: Es ist der Roman der Stunde!

In diesen Wochen (es Anfang März 2023) überschlagen sich die Meldungen im Bereich “KI” (Künstliche Intelligenz). Ausgelöst durch den ChatBot “ChatGBT” finden sich in den Medien jeden Tag neue Informationen, Zukunftsvisionen und Warnungen. Zwischen den großen Tech-Giganten findet ein unerbittlicher Wettbewerb um den Führungsplatz statt.
Ein besseres Umfeld könnte man sich für die Geschichte von Pantopia kaum ausmalen.

Der Inhalt sei nur kurz skizziert: Zwei junge, aufstrebende Programmierer (Patricia und Henry) nehmen an einem Wettbewerb um ein neues KI-basiertes Programm teil, mit dem die Rendite von Börseninvestitionen optimiert werden soll. Ohne es zu wollen oder nur zu ahnen, schaffen sie dabei die weltweit erste “starke” KI, die als Zugabe zu ihrer überlegenen Lernfähigkeit und Performance auch noch ein Ich-Bewusstsein entwickelt hat.
Das führt – erwartungsgemäß – zu allerhand Verwicklungen und letztlich zu dem Plan, der Menschheit den Weg zu einer neuen Stufe der Zivilisation zu eröffnen – und so auf einen Schlag so ziemlich alle Menschheitsprobleme zu lösen: Utopia wird zu Pantopia!

Natürlich geht es in dem Plot auch um menschliche Bedürfnisse und Sehnsüchte, um (komplizierte) Beziehungen und um den Widerstreit von Gut und Böse, Es gibt einen (nicht unerheblichen) Spannungsbogen, unerwartete Wendungen und jede Menge Identifikationsangebote. Was es nicht gibt: Erotik und Gewalt (was ja durchaus erholsam sein kann).
HANNIGs Schreibstil ist dabei flüssig und angenehm. Spannung wird nicht krampfhaft herausgekitzelt, mit gelegentlichen pathetischen Formulierungen kann man gut leben.

Im Mittelpunkt des Romans stehen aber eindeutig zwei schwergewichtige Inhalte:
Einmal nutzt HANNIG diesen Text dazu, ihre Idealvorstellungen einer gerechten und nachhaltigen Welt darzustellen und gleich einen (originellen und anregenden) Weg zur Umsetzung ziemlich detailliert auszubuchstabieren.
Mit dem ChatBot “Einbug” mischt sich die Autorin in niederschwelliger und unterhaltsamer Weise in die Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen der KI-Revolution ein. Sie bietet eine anschauliche und durchdachte Antwort auf die Frage an: “Wie könnte es denn weitergehen, wenn aus einem KI-System ein bewusstes und kommunikatives Gegenüber entsteht, das sich Ziele zu eigen macht und dann in kreativer Eigenständigkeit verfolgt.”
Erfreulich ist, dass die “starke” KI nicht zu einem dystopischen Monstrum aufgeblasen wird: sie findet Wahrheit erstrebenswert und “schön”.

Die gesellschaftlichen Ziele der hier dargestellten Utopie sind sympathisch und nachvollziehbar: Sie orientieren sich an den Menschenrechten und an den Maßstäben für Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit. Man merkt dem Text an, dass HANNIG mit den einschlägigen Diskursen vertraut ist: So bezieht sie sich beispielsweise auf die von HARARI ausgearbeitete Bedeutung des Glaubens an bestimmte Narrative (z.B. von “Nationen” oder “Geld”) oder auf die Gerechtigkeitstheorie von RAWLS (in der Regeln für Gerechtigkeit aufgestellt werden, ohne zu wissen, wo man in der Gesellschaft verortet ist).

Hannig schafft in “Pantopia” eine besonders gelungene und mainstreamkompatible Mischung zwischen “Botschaft” und “Unterhaltung”: Man liest dieses Buch gerne, weil es sowohl spannend als auch informativ ist. Dieser Roman versauert ganz sicher nicht auf dem Nachttisch, weil man abends nur ein paar Seiten schafft.


04.03.2023 Ein neuer Rausch-Kult?

Bild von Arek Socha auf Pixabay

Bewusstseinserweiternde Substanzen sind neuerdings in aller Munde (Achtung Wortspiel). Längst geht es nicht mehr nur um Party-Drogen – sondern auch um “seriöse” spirituelle Erfahrungen und Anwendungen in Medizin und Psychotherapie (insbesondere in der Depressions-Behandlung).
Angesagt sind z.B. Stoffe wie MDMA (Ecstasy), sog. “Zauberpilze”, Psilocybin, Ayahuasca (aus dem Regenwald) und das gute alte LSD.

Irgendwie schient der Rausch (oder vornehm: die Bewusstseinserweiterung) wieder angesagt zu sein – Jahrzehnte nach der Hippie-Kultur. Nur der Kontext hat sich verändert (bzw. erweitert). Als einen untrüglichen Hinweis darauf kann man auch das neue Buch des literarischen Shooting-Stars Bas KAST (“Ernährungskompass“) interpretiert werden, der in seinem “Kompass für die Seele” (Rezension folgt) den psychoaktiven Drogen einen erheblichen Stellenwert einräumt.

Vermutlich hilft die Diskussion um den therapeutischen Nutzen der Substanzen auch beim Abbau der Hemmschwelle für den spirituellen Anwendungsbereich: Man bewegt sich dann gleich in einer anderen Szene; die Berührungsängste schwinden.
Natürlich ist es auch ein reizvolles Angebot: Statt mühsam meditative Praktiken erlernen zu müssen, bringt der Einwurf einer Kapsel neue Erfahrungen sozusagen auf Knopfdruck.
Und Gründe, der Trostlosigkeit des Weltgeschehens und den Zukunftsängsten zu entfliehen, gibt es ja reichlich…

Vielleicht werden in naher Zukunft ja unsere drögen Alltagsgeschäfte vollständig durch unsere KI-Assistenten erledigt, während wir entspannt (oder erleuchtet) durch unser Leben “rauschen”.

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

02.03.2023 Sind die irre?

Es ist in einer russischen Grenzregion zur Ukraine zu einem bewaffneten Zusammenstoß gekommen, für den angeblich “ukrainische Nationalisten” verantwortlich sind.
Putin will jetzt den Sicherheitsrat anrufen – wegen Terrorismus auf seinem Gebiet.

Dieser Mann führt seit einem Jahr einen brutalen Krieg, der auf beiden Seiten wohl täglich hunderte Menschenleben kostet. Die Ukraine hätte jedes Recht der Welt, auch Ziele in Russland anzugreifen – tut das aber bisher fast gar nicht. Einmal legt der Westen großen Wert darauf, dass ihre Waffen nicht russisches Territorium erreichen. Aber auch der Außendarstellung der Ukraine dient es, wenn nur das eigene Gebiet verteidigt wird.

Den Schutz der internationalen Staatengemeinschaft einzufordern, weil der selbst gesuchte Kriegsgegner doch tatsächlich auf dem Gebiet des brutalen Aggressors agiert (wenn es denn stimmt), ist absolut grotesk.

(Zu weiteren Tages-Gedanken)

“Liebe neu denken” von Diane HIELSCHER

Bewertung: 3.5 von 5.

Dieses Buch entfaltet eine bemerkenswerte Dynamik. Es rüttelt, schiebt, zieht und stößt – es will Menschen bewegen. HIELSCHER ist fest davon überzeugt, dass sie Wege aufzeigen kann, die Blockaden lösen und neue Optionen schaffen. Sie möchte, dass ihre Leser/innen davon nicht nur erfahren, sondern auch Gebrauch machen. Am besten sofort. Denn ein besseres Leben wartet…

Die zentrale Idee der Autorin ist, dass alle Menschen Einfluss auf bzw. Kontrolle über ihre Art zu denken gewinnen können – wenn sie es nur wollen und bereit sind, die notwendige “Umprogrammierung” durch diszipliniertes Üben zu leisten.
Diese Möglichkeit basiert – so die Autorin – auf bestimmten Voraussetzungen unseres Gehirns bzw. unseres davon abhängigen psychischen Systems: Unsere Gedanken und Bewertungen beeinflussen in einem großen Ausmaß unsere Gefühle, wobei wir durch unser konkretes Handeln wiederum unser Denken und Fühlen verändern können.
Die entscheidende Botschaft ist dabei: Unser Gehirn ist eben nicht “determiniert” durch Gene und frühe Erfahrungen, sondern bis ins hohe Alter lernfähig, flexibel und plastisch.
Wir können demnach unser Gehirn selbst formen, können lernen, es mit selbstgewählten Inhalten zu füttern – statt es zufälligen und oft dysfunktionalen inneren und äußeren Botschaften zu überlassen.

Bei der Sammlung von Belegen und Beispielen für einen solchen Aufbruch in ein selbstbestimmteres Leben sammelt HIELSCHER alles ein, was nicht bei “3” auf den Bäumen ist: philosophische, spirituelle und religiöse Weisheiten, experimentelle Befunde aus der Hirnforschung, Methoden aus (kognitiver) Psychotherapie und Coaching, Yoga und Meditation; auch die Quantenphysik muss zu guter Letzt noch dran glauben (als ob ernsthaft der Doppelspalt-Versuch etwas über unsere neurologischen und psychischen Potentiale aussagen würde).
Die bedeutsamste Erkenntnis-Quelle muss allerdings gesondert genannt werden: Die eigene Erfahrung!

Die Autorin gibt uns einen tiefen Einblick in die Lebenskrise, in die sie durch die unerwartete Trennung ihres Mannes (und Vaters von zwei Kindern) geraten war. Der durchlittene Zustand von Verzweiflung, Selbstabwertung und unbändiger Wut bildete den Nährboden für die Entscheidung, sich durch aktives Tun in einen lebenswerten, selbstbewussten und genussfähigen Aggregatzustand zu versetzen. HIELSCHER begann, einschlägige Sachbücher zu lesen und führte Gespräche mit Fachleuten aus den Bereichen Psychologie, Neurowissenschaft, Beratung, Coaching und Therapie.
Der – offenbar tatsächlich bewundernswerte – Erfolg, den sie damit hatte, bildet die Basis für ihren geradezu grenzenlosen Optimismus – nach dem Motto: “Was ich geschafft habe, kann jede/r schaffen!” Denn schließlich gelten ja die zugrundliegenden Wirkfaktoren für alle Menschen gleichermaßen.

Der Schreibstil der Autorin hat das Zeug, die avisierte Zielgruppe nicht nur anzusprechen, sondern auch zu motivieren. Sie schreibt persönlich, lebendig, leger, locker, mitreißend, eindringlich. HIELSCHER gibt sich nicht als neutrale Expertin, sondern als Teil einer Community, der sie ihre Erfahrungen solidarisch zur Verfügung stellen möchte. Sie spricht eher ihren Bekanntenkreis an als ein irgendwie anonymes Publikum; natürlich duzt sie ihre Leser/innen. Es scheint ihr ein persönliches Anliegen zu sein, ihr Publikum ebenfalls zur Selbstbestimmung zu befähigen. Sie hat eine Mission! (Das ist übrigens besonders deutlich spürbar, wenn man das selbst-eingelesene Hörbuch konsumiert).

Um es mal vorsichtig auszudrücken: Insgesamt lernt man in dem Buch von HIELSCHER sicherlich mehr über die Möglichkeiten der Selbstbeeinflussung als über die Grenzen. Was den Text auf der einen Seite so anregend und überzeugend erscheinen lässt, gibt auf der anderen Seite auch Anlass für eine kritische Betrachtung.
Die Autorin ist so begeistert und überzeugt von den Optionen, die die eigene Entwicklung ermöglicht haben, dass der Veränderungs-Optimismus immer mal wieder mit ihr durchgeht. So verliert sie das Gefühl dafür, dass eben nicht alle Menschen genau die Voraussetzungen und Ressourcen mitbringen, die ihr die Anwendung all der beschriebenen Methoden eröffneten.
Ein Beispiel: HIELSCHER geht davon aus, dass man der Determiniertheit durch Prägungen und Vorerfahrungen entgehen könne, weil man sich ja entschließen könnte, ab sofort anders (positiver) zu denken (z.B. auch mit Hilfe von Meditation). Wenig Gedanken macht sie sich darüber, wodurch denn wohl die Bereitschaft und Fähigkeit “determiniert” ist, diese Wege auch (mit der notwendigen Disziplin) zu gehen . Leider stehen nicht jedem alle Optionen zur Verfügung, auch wenn die Mechanismen noch so gut wirken könnten.
Aber – dies sei eingeräumt: Für einige könnte ja das Lesen dieses Buches der entscheidende Anstoß (Kipppunkt) sein, es doch mal zu probieren.
Das wäre zweifellos ein guter Grund, ein solches Buch zu schreiben bzw. zu lesen.

Kommen wir zum Schluss auf den Titel des Buches zu sprechen: Er ist nicht gut gewählt, weil er die Inhalte des Textes nicht wirklich repräsentiert.
Es geht im Buch zwar auch um Beziehungen und Liebe, aber nicht vordringlich. Das Thema ist eher Krisenbewältigung und Persönlichkeitsentwicklung allgemein. Die Liebe kommt ins Spiel, weil HIELSCHER wegen ihres Liebeskummers an den Start gegangen ist und weil – natürlich – jede persönliche Weiterentwicklung auch der Liebes- und Beziehungsfähigkeit zugute kommt. So könnten tatsächlich diejenigen Leser/innen ent- oder getäuscht sein, die davon ausgingen, einen Beziehungsratgeber zu erwerben.

01.03.2023 GroKo in Berlin

Bild von Nikolaus Bader auf Pixabay

Diese ganze Wahlwiederholung und ihre Folgen sind unbefriedigend. Das Wahlergebnis wurde stark von den “Zufälligkeiten” der Silvester-Krawalle beeinflusst. Die Wahlkampf-Zuspitzungen des CDU-Kandidaten wurden leider belohnt.

Wenn man schon dem massiven Druck nachgibt und eine vorhandene links-grüne Mehrheit nicht nutzt, dann wäre aus meiner Sicht eine schwarz-grüne Koalition die spannendere und zukunftsträchtigere gewesen. Wenn jemand angewählt wurde – nach einer geradezu endlosen Regierungszeit – dann ja wohl die SPD.

So strahlt die GroKo-Lösung etwas Halbherziges, Mutloses aus.: Nur keine Experimente!
Ich frage mich, ob dabei nicht auch bundespolitische Überlegungen eingeflossen sind: Wollte man vielleicht auf beiden Seiten (bei der CDU und SPD) verhindern, dass die GRÜNEN gestärkt aus der Situation hervorgehen (mit einer neuen Koalitions-Option)?

Ich finde es jedenfalls ein wenig ärgerlich.
Und mal wieder steht der Umwelt- und Klimaaspekt nicht im Mittelpunkt…

(Zu weiteren Tages-Gedanken)