“Vergiss kein einziges Wort” von Dörthe BINKERT

Bewertung: 4 von 5.

Eine Familiensaga vor (zeit)geschichtlichem Hintergrund. Ein historischer Roman also, wie es ihn in den letzten Jahrzehnten zuhauf gab. Warum sollte man genau diesen lesen?
Ich weiß nicht, ob man sollte. Ich weiß, warum ich wollte (nachdem eine gute Freundin mich darauf gestoßen hat).

Meine Eltern stammten aus Schlesien. Ich kenne die Geschichten ihrer Flucht, habe aber nur sehr diffuse Vorstellungen von dem Leben in ihrer Heimat. Ich war noch nie in Polen, habe mich noch nicht mal genauer mit der wechselvollen Geschichte der früheren “Ostgebiete” beschäftigt. Ich war immer Westdeutscher und hatte mehr Bezug zu den Urlaubsländern in Südeuropa als zu den geografischen Wurzeln meiner Herkunftsfamilie.
Dieses Buch sollte daher ein kleiner Versuch werden, eine große Lücke zu füllen.

Die Autorin hat alle Zutaten im Gepäck, um einen historischen Familienroman zu gestalten. Sie bietet ein verzweigtes, aber trotzdem noch überschaubares Netz von Figuren an, die in einer Drei-Generationen-Perspektive miteinander verbunden sind. (Fast) alles, was in Familien und ihrem Umfeld so passieren kann, kommt auch in diesem Roman vor. Dazu gesellen sich alle die Dinge, die vor, in und nach einem Krieg passieren – nicht auf den Schlachtfeldern, sondern in der Heimat, wo die Familien (also hauptsächlich die Frauen) auf die Rückkehr bzw. die Todesnachricht ihrer Männer warten. Es geht also um Armut, Hunger, Sorgen, Gewalt – aber auch um Solidarität, Menschlichkeit, Familiensinn und die Suche nach den kleinen privaten Glücksinseln. Im Mittelpunkt stehen mutige und leidensfähige Frauen.

Neben dieser privaten Seite geht es in solchen Büchern auch um den zeitgeschichtlichen Background – in diesem Fall um die nahezu unfassbar komplizierten und leidvollen Erfahrungen der Menschen, die sich einmal als “Schlesier” gefühlt haben. Es ist ganz eindeutig das Hauptanliegen der Autorin, die Irrungen und Wirrungen lebendig zu machen, die mit den multiplen und wechselhaften Identitäten als “Deutsche” bzw. “Polen” zusammenhingen – quer durch die Familien.

Das Buch ist leserfreundlich ausgestattet. Es bieten eine Übersicht über die Personen und ihre Bezüge und eine ausführliche Übersicht über die historischen Fakten. Toll!
BINKERT präsentiert keinen hochliterarischen Text. Die Sprache, das Erzählen ist Mittel zum Zweck, sie ist funktional. Das ist kein Nachteil, wenn man sich auf die Inhalte konzentrieren möchte.
Natürlich wird hier keine neutrale Dokumentation vorgelegt. Das Alltagsleben rund um Gliwice/Gleiwitz wird aus Sicht der Menschen aufgefaltet; dabei spielen ihre Beziehungen und ihre Gefühle, ihre Hoffnungen, Enttäuschungen und Verluste die entscheidende Rolle. Geschichte wird personalisiert und damit auch emotionalisiert. Wer das kitschig findet, sollte andere Bücher lesen.

Das Buch hat für mich seinen Auftrag eindeutig erfüllt. Zwar wäre ich auch mit etwas weniger privatem Herz/Schmerz zufrieden gewesen, aber insgesamt ist der Autorin ein gutes Gleichgewicht zwischen Einzelschicksal und Vermittlung von historischen Zusammenhängen gelungen. Die 630 Seiten waren mir nicht zu viel; ich musste mich an keiner Stelle aufraffen weiterzulesen – ganz im Gegenteil.

Es gibt allerdings auch etwas Betrübliches: Für mich kam dieses Buch zu spät!
Vor 10 oder 15 Jahren wäre es eine perfekte Grundlage für Fragen gewesen, die ich meinen Eltern leider nie gestellt habe. Es wären sicher Gespräche entstanden, die nie geführt wurden.
Ein Buch, das einem so etwas bewusst macht, kann kein schlechtes Buch sein.



“Das Verschwinden der Erde” von Julia PHILLIPS

Bewertung: 2.5 von 5.

Die positiven Reaktionen auf dieses Roman-Debüt hat auch mich erreicht und eine spontane Kaufentscheidung ausgelöst – in Hörbuch-Form. Ich denke jetzt, es war vielleicht ein bisschen zu spontan. Ich hätte Zeit und Geld doch lieber in eine andere Richtung lenken sollen.

Der Roman beginnt und endet mit der Geschichte einer Entführung von zwei Mädchen in einer abgelegenen russischen Provinz. Dieser Plot dient damit als eine Art äußerer Klammer für die restlichen Inhalte, schafft aber auch zwischendurch den Zusammenhang zwischen all den anderen Personen, von denen in diesem Buch die Rede ist.
Es sind vor allem eine Reihe von Frauen, deren Leben in irgendeiner Weise mit diesem Ereignis verbunden sind – z.B. durch Verwandtschaft und Bekanntschaft mit der verzweifelten Mutter.
Nun ist es keineswegs so, dass hier eine geradlinige Geschichte eines Verbrechens und seiner Aufklärung erzählt wird. Ganz im Gegenteil: Die vermissten Mädchen schweben im Großteil des Romans nur ganz abstrakt über den Dingen; so etwas wie planvolle Ermittlung findet gar nicht statt.

Worum geht es dann in diesem Buch?
Grob gesagt, geht es um die Erfahrung von Frauen: mit (ihren) Männern, mit ihren Kindern, mit einer gleichgültigen Bürokratie, mit Armut und Perspektivlosigkeit. Beschrieben wird der anstrengende und meist eintönige Alltag, der nur aufgehellt oder unterbrochen wird durch solidarische Erfahrungen mit anderen Frauen und den ganz privaten Fantasien von einem irgendwie besseren, glänzenderen Leben.
Es gibt wenig Freude und Genuss in dieser Ecke des Landes, wenn auch die Landschaft eindrucksvoll sein kann. Meist ist der Ausstieg aus dem trüben Pflichtprogramm mit dem Trinken verbunden – wobei die Frauen in der Regel eher die Opfer als die Nutznießer des Alkoholkonsums sind. An jeder Ecke wird deutlich, dass es Frauen sind, die alles Wesentliche am Laufen halten – mit ihrer Energie, mit ihrer Zähigkeit und ihrem Verantwortungsgefühl. Es geht in diesem Buch um die Kraft und die Würde solcher Alltags-Heldinnen.

Die Autorin schreibt in einem eindringlichen Stil, der durch bildhafte Formulierungen und häufige inhaltliche Wiederholungen gekennzeichnet ist. Ein bisschen fühlt es sich so an, als ob man immer wieder ähnliche Schleifen durchläuft; in diesen Schleifen begegnet einem hin und wieder ein Bezug auf die beiden verschwundenen Mädchen.
Es gelingt der amerikanischen(!) Autorin unzweifelhaft gut, eine bestimmte Atmosphäre zu generieren; man spürt, dass sie sich auf diese Gegend und ihre Menschen persönlich eingelassen hat; vielleicht wollte sie ihnen – insbesondere den Frauen – sogar so etwas wie ein Denkmal setzen.
Auf der anderen Seite habe ich die Komposition der Geschichte fast als eine Zumutung erlebt. Ich wollte irgendwann nur noch, dass es bitte bald vorbei ist. Bis kurz vor Ende war völlig unklar, ob denn das Schicksal der beiden Mädchen wohl nochmal aufgegriffen würde. Die Art, in der das dann geschehen ist, fand ich wenig überzeugend.

Dieses Buch wird von der Kritik sehr gelobt; das Marketing läuft offenbar gut und man kann fast schon von einem Hype sprechen. Sorry – da kann ich nicht mitgehen.
Es ist sicher sehr subjektiv und ganz fürchterlich verkürzt und pauschal – doch auf den Punkt gebracht denke ich: Diese Julia Phillips kann zwar schreiben, aber nicht erzählen.

“Von den Bakterien zu Bach – und zurück” von Daniel C. DENNETT

Bewertung: 4 von 5.

Manchmal wir die Bewertung eines Buches stark davon beeinflusst, wie stark es die Erwartungen erfüllt (oder enttäuscht), die man darauf projiziert hat.
Ich schreibe hier über einen sehr besonderes Buch, das aber nicht genau das erhoffte war.

DENETT ist ein amerikanischer Philosoph, der sehr stark naturwissenschaftlich orientiert ist; insbesondere ist er ein leidenschaftlicher Vertreter der darwinistischen Evolutionslehre.
Er hat sein (langes) Schaffen als Forscher und Publizist einer grundsätzlichen philosophischen Frage gewidmet: Gibt es neben der physikalischen, auf Materie und Naturgesetzen basierenden Welt noch eine zweite Dimension, die so etwas wie eine geistige Welt umfasst, die auf ein höheres Wesen und seine Schöpfungskraft hinweist. Das wäre die Theorie des Dualismus.
DENETT nimmt sich in diesem Resümee seines Lebenswerkes (er ist knapp 80) gleich das größte, spannendste und umstrittenste Thema vor, an dem man diese Frage abarbeiten kann: das menschliche Bewusstsein. Denn eines scheint klar: Wenn man das Geheimnis des Ich-Bewusstseins naturwissenschaftlich erklären könnte, dann wäre der Dualismus endgültig aus dem Rennen.

Anders als erwartet nähert sich der Autor dem Bewusstsein nicht von der Seite der Hirnforschung. Er fängt ganz vorne an, bei der Entwicklung des Lebens und den Gesetzmäßigkeiten der natürlichen Auslese, wie sie von Darwin (“Über die Entstehung der Arten”) und später u.a. von Dawkins (“Das egoistische Gen”) dargestellt wurden.
Der Grund für seine Akribie wird schnell deutlich. Er will eine möglichst lückenlose Argumentations- und Beweiskette schmieden, in die sich an keiner Stelle “der Feind” (die Kreationisten bzw. die Vertreter des Intelligenten Designs) mit ihrer Skepsis und ihrem Zweifel einnisten können.

Ganz grob entwirft DENNETT folgende Denklinie: Der “geistlosen” genetischen Auslese lassen sich letztlich alle biologischen Entwicklungsschritte zuschreiben – bis zu dem Punkt, an dem es zu einer Art kulturellen Explosion bei den frühen Menschen kommt.
Danach geht es – sozusagen – zweigleisig weiter: Auf der einen Seite entwickeln sich erste Kulturtechniken (vor allem die Sprache) ebenfalls nach Prinzipien der Auslese weiter (nur viel schneller als über den genetischen Weg); dazu kommt ein Prozess der Wechselwirkung, in dem sich biologische Strukturen an die Erfordernisse der Kulturerrungenschaften anpassen. Dieser Prozess ist dann aber eben nicht mehr zufallsgesteuert (durch ziellose Mutationen, die erst mühselig ihre Überlegenheit unter Beweis stellen müssen), sondern sozusagen vorgebahnt – und damit schneller.
Ganz zum Schluss entsteht dann für die immer intelligenteren (Vor-)Menschen die Notwendigkeit, auch die eigene Kommunikation zu steuern und zu reflektieren. Um diese unglaublich komplexe neuronale Leistung zu vollbringen, wurde so etwas wie eine “Benutzeroberfläche” entwickelt, die dem User das Gefühl vorspiegelt, ein autonomer, willensfreier Beherrscher seines Geistes zu sein.

Das alles ist im Detail wirklich sehr kompliziert. Es wird auf 450 eng bedruckten Seiten Schritt für Schritt ausgeführt. Die Perspektiven werden hin und hergewendet, mögliche Einwände erörtert, Alternativen abgewogen, Modelle kreiert und verworfen.
Man fühlt sich an DAWKINS erinnert, der im “Egoistischen Gen” einen vergleichbaren, fast zwanghaft gründlichen Diskussionsstil zelebriert. Wenn man wirklich jeden einzelnen Gedanken nachvollziehen wollte, müsste man sich wohl einige Wochen Zeit nehmen.

Mich brauchte DENNETT nicht zu überzeugen. Trotzdem habe ich mal wieder das sichere Gefühl genossen, dass es auf der anderen philosophischen Seite (bei den Dualisten oder den Idealisten) sicher keine vergleichbar nachvollziehbaren Darstellungen gibt.
Es erscheint angesichts der Folgerichtigkeit der Argumentation und ihrer wissenschaftlichen und logischen Belege einfach extrem abstrus zu behaupten, dass ausgerechnet das menschliche Bewusstsein den Gestaltungskräften der Natur entzogen und durch eine externe “Sonderkraft” geschaffen sein sollte.
Der einzige Grund für eine solche Annahme ist das emotionale Bedürfnis des Menschen nach Einzigartigkeit als Krone der Schöpfung.

Ein anregendes und anstrengendes Buch.
Ich hätte mir etwas weniger Evolutionstheorie und etwas mehr Neuro-Wissenschaft gewünscht.
Was man bekommt, ist auf jeden Fall einen leidenschaftlichen Wissenschaftler, der für die Verbreitung seiner Überzeugung keine Mühe scheut.

Trumps Begnadigungs-Orgie

Frage:
Was unterscheidet die völlig ausufernde Welle von Begnadigungen rechtmäßig verurteilter Straftäter durch einen scheidenden Präsidenten (143 allein in den letzten Stunden) von der Gepflogenheit eines Mafia-Bosses, die in seinem Auftrag tätigen Gangster möglichst zeitnah aus dem Gefängnis zu befreien?

Antwort:
Ich weiß keine

In beiden Fällen wird letztlich ein gesetzloser Raum geschaffen, in dem die (zukünftigen) Täter schon vor ihrer Tat wissen, dass sie letztlich einer Strafverfolgung – zumindest überwiegend – entgehen können.
Der Mächtige kann sich also Loyalitäten schaffen, die weit über das normale Maß hinausgehen, weil begrenzende oder hemmende Mechanismen außer Kraft gesetzt werden.

Vielleicht gab oder gibt es ja einen sinnvollen Grund für solche Regelungen.
Aber in den Händen eines trumpartigen Charakters wirkt das Ganze desaströs.

“Von hier an anders” von Robert HABECK

Bewertung: 5 von 5.

Der Verdacht liegt nahe, dass eine so positive Bewertung eines politischen Buches eher die politische Gesinnung des Rezensenten als die Qualität des Textes widerspiegelt.
Ich werde versuchen, diese Hypothese so weit wie möglich zu entkräften.

Einer der beiden GRÜNEN-Chefs und potentiellen Kanzler-Anwärter legt zu Beginn des Super-Wahljahres eine umfassende Bestandsaufnahme seiner Erfahrungen, Einsichten und Zukunftsvisionen vor. Diesen inhaltsschweren (knapp) 400-Seiten-Text eine “Skizze” zu nennen, stellt ein ausgewachsenes Understatement dar.

Wir haben es hier nicht mit einem personalisierte Parteiprogramm zu tun. Der Blick ist viel breiter, die Fragen grundsätzlicher, der Erkenntnishorizont (sozial-)wissenschaftlicher, die Abwägungen psychologischer und die Grundierung philosophischer.
Vor allem hat HABECK alles andere als ein Klima-Buch oder ein – im klassischen Sinne – Nachhaltigkeits-Buch geschrieben. Es wird sicher nicht zur Basis-Lektüre der Klima-Aktivisten werden; vielleicht werden sie sogar enttäuscht sein, weil sie Eindringlichkeit und Radikalität in den Forderungen und Strategien vermissen.

Wenn der Slogan nicht schon so verbraucht wäre, könnte man sagen: HABECK will versöhnen statt spalten. Er gibt den Anti-Trump – nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Haltung gegenüber Skeptikern und Gegnern, in der Wortwahl, in der Bereitschaft zur Selbstkritik.

HABECK bietet nicht weniger an als ein integratives gesellschaftliches Gesamtkonzept, das eben nicht nur die Richtung beschreibt (zum sozial-ökologisch eingehegten Kapitalismus, der sich vielleicht irgendwann zu einem alternatives Wirtschaftsmodell weiterentwickelt), sondern einen Schwerpunkt auf die “weichen” Themen legt.
Immer wieder betont der Autor, wie sehr es seiner Erfahrung darauf ankommt, den Teilen der Gesellschaft Respekt und Anerkennung zu zollen, die sich nicht als die wirtschaftlichen und kulturellen Gewinner der großen Trends der letzten Jahrzehnte erleben.
Eine seiner Grundfragen lautet dabei: “Waren wir – die Vertreter der grün-linksliberalen, weltoffenen, auf Emanzipation, Selbstverwirklichung und Individualisierung gepolte Bildungselite – vielleicht zu erfolgreich?”
Er stellt diese Frage nicht, weil er an den Zielen zweifelt oder irgendwas zurückdrehen möchte. HABECK guckt sich nur genauer als andere an, was das für den “anderen” Teil der Gesellschaft bedeutet – und zwar nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem bzgl. des Verlustes an Anerkennung, sozialer Einbettung und Selbstwertgefühl.

Es geht ihm nicht nur um strategische Streicheleinheiten. HABECK kann an Beispielen aus seiner Ministerzeit überzeugend darlegen, dass es tatsächlich zu handfesten Vorteilen bzw. Fortschritten führt, wenn man eine dialogische und auf Überzeugung basierende Lösungssuche betreibt. Es fühlt sich also nicht nur gut an, sondern kann gleichzeitig ein Erfolgsmodell sein. Zumindest aber führt es nicht zu Zuspitzung und Eskalation.

Ich höre sie schon im Hintergrund, die Stimmen, die HABECK Naivität angesichts der realen Interessensgegensätze und Machtverhältnisse vorwerfen. Aber auch die Rufe, die auf den Zeitdruck hinsichtlich der Klimakatastrophe hinweisen. Das ließe sich bestimmt auch alles gut begründen.
Es gibt nur einen Unterschied: Hier legt jemand ein Konzept vor, wie es tatsächlich klappen könnte mit dem Umsteuern; unter den gegebenen Rahmenbedingungen, ohne die Aufgabe von demokratischen Strukturen und Prozessen, ohne Revolution oder wirtschaftlichen Zusammenbruch. Interessanterweise findet aber auch ein klares Bekenntnis zur “Macht” als notwendiges Gestaltungsmittel seinen Platz.

Wenn es HABECK nicht – im Vergleich – an Pathos, Ausstrahlung und Charisma fehlen würde, dann könnte man ihn mit diesem Gesellschafts- und Politikentwurf als einen deutschen Obama bezeichnen. Vor einem solchen grünen Kanzler bräuchte wirklich niemand Angst zu haben (ebenso wenig wie bei Obama). HABECK zeigt sich mit diesem Buch als ein weitsichtiger, belesener und gemäßigter Realo (zum Glück ist der alte Gegensatz zu den “Fundis” weitgehend abgearbeitet), eher schon als ein weiser und verantwortungsvoller Staatsmann als ein emotional-mobilisierender Parteiführer.

Ach so: Das Buch ist übrigens sehr gut lesbar. Obwohl zahlreiche Quellen zitiert werden, wird auf Fußnoten verzichtet. Die Mischung zwischen persönlichen Erfahrungen, eigenen Reflexionen und Bezugnahme auf aktuelle soziologische Analysen (nicht zuletzt die Beiträge von RECKWITZ) lassen das Buch zu einem anregenden und informativen Panoramablick auf unsere Gesellschaft am Beginn der 20-iger Jahre werden.
Also alles andere als nur eine Skizze.

Niemand kann erwarten, dass sich nun alle hinter diesem Politikmodell versammeln – weder hinsichtlich der inhaltlichen Ziele, noch bzgl. der vorgeschlagenen Methoden von Meinungsbildung und Entscheidungsfindung.
Wer aber eine ganz andere Vorstellung davon hat, wie wir zukünftig leben, wohin wir streben und wie wir miteinander umgehen wollen, der/die sollte schon gute Gründe und Argumente mitbringen müssen. Einfach nur “Nein” zu diesem Entwurf, zu diesem Angebot zu sagen, sollte nicht reichen!

“Von hier an anders” ist sicher kein Buch, das Eltern ihren (jugendlichen) FfF-Kids schenken sollten. Aber es ist mit Sicherheit ein Buch, das junge Aktivist*innen (so würde HABECK es wohl schreiben) ihren Eltern und Großeltern als Lektüre nahelegen könnten.

“Die Stille” von Don DeLillo

Bewertung: 3 von 5.

Bei mindestens zwei Literaturgattungen komme ich mit meinem bescheidenen Möglichkeiten schnell an meine Grenzen: bei den Klassikern der Weltliteratur und bei experimentellen Schreibstilen.
Der (sehr kurze) Roman von DeLillo gehört eindeutig zu der zweiten Gruppe.
Die folgenden Anmerkungen können daher nur als Versuch angesehen werden, erste subjektive Eindrücke zu formulieren.

Was mir zuerst auffällt: Ein verstörendes Ereignis – ein großflächiger Stromausfall – wird in einer verstörenden Weise literarisch dargeboten. Übliche Erzählstrukturen werden aufgebrochen, Dialoge sind episodenhaft eingefügt, Inhalte werden eher assoziativ als in logischer Abfolge vermittelt. In die Schilderung konkreter Abläufe mischen sich grundsätzliche, abstrakte Gedanken. Es geht eher um Atmosphäre als um Zusammenhänge. Strukturen lösen sich auf – in der Realität und in ihrer Beschreibung. Sicherheit, Berechenbarkeit und Klarheit gehen verloren. Sprünge sind eher die Regel als die Ausnahme.

Die aufgespannte Rahmenhandlung: Drei Personen in einer Wohnung warten auf zwei Besucher, die nur knapp einer Flugzeugkatastrophe entgehen. Ziel des Treffens war das gemeinsame Zelebrieren eines sportlichen Großereignisses. Die Besucher kommen verspätet, der Bildschirm bleibt dunkel. Ratlosigkeit, Weltuntergangsängste – zwischendurch der Versuch, Normalität zu inszenieren.
Die Beziehungen zwischen den fünf Personen werden eher in Momentaufnahmen – wie mit einem Blitzlicht – beleuchtet; ein zusammenhängender “Film” entsteht nicht.

Mit den normalen Ansprüchen an einen Roman, an eine Story, komme ich bei diesem Buch nicht weiter. Ich kann mich anmuten lassen, kann die Grundstimmung der Verunsicherung, der Auflösung von Gewissheiten, der Bruchstückhaftigkeit auf mich wirken lassen. Mehr passiert bei einem ersten Lesen nicht.
Zwei Wege ständen noch offen: Ich könnte mich schlau machen über diesen – vielfach preisgekrönten – Autor und mich damit ihm und seiner literarischen Arbeit intellektuell nähern.
Oder ich könnte den Roman (nach einer kleinen Pause) nochmal ganz in Ruhe lesen und mich – eher emotional – auf die Feinheiten einlassen.

Ich weiß noch nicht, welche Alternative ich wählen werde. Vielleicht gestehe ich mir auch ein, dass mein literarisches Verständnis und Aufnahmevermögen auf den Mainstream beschränkt ist.

“Die Mittelmeerreise” von Hanns-Josef Ortheil

Bewertung: 3.5 von 5.

Nachdem mich zwei frühere Bücher ORTHEILS (“Die Erfindung des Lebens” und “Das Kind, das nicht fragte“) sehr fasziniert hatten, habe ich es nach einer Pause nochmal mit der Mittelmeerreise versucht.
Davon will ich berichten.

Der Autor verarbeitete in diesem Buch Aufzeichnungen von einer Reise, die er im Alter von 15 Jahren zusammen mit seinem Vater unternommen hat. Man schrieb das Jahr 1967.
Der Autor erzählt also aus der Ich-Perspektive eines (frühreifen) Jugendlichen; seine literarische Umsetzung (von 2018) ist aber das Ergebnis eines weiten und weisen Rückblicks.

Zur Rahmenhandlung: Vater und Sohn sind die einzigen Passagiere auf einem Frachtschiff, das von Holland aus längs der französischen und spanischen Küste ins Mittelmeer vordringt und dort Kurs zunächst auf Griechenland und dann auf Istanbul nimmt.
Beschrieben werden insbesondere die Vater/Sohn-Dynamik und die zunehmend intensiven Beziehungen, die sich zu insgesamt fünf Besatzungsmitgliedern ergeben.
Ausgiebige Betrachtungen richten sich auf das Erleben der Schiffsreise selbst, die u.a. durch einen dramatischen Sturm geprägt wird.
Später rücken dann noch die Erfahrungen in den Fokus, die von dem Jungen und seinem Vater bei den Landgängen gemacht werden; dazu gehört auch eine erste Liebelei.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, um was es tatsächlich geht in diesem Buch, muss man kurz etwas zu den beiden Hauptpersonen sagen:
Der Junge ist ein angehender Konzertpianist, der außerhalb der klassischen bürgerlichen Kultur- und Bildungswelt bisher wenig “normale” Realitätsberührungen hatte. Sein Vater, mit dem er extrem eng verbunden ist, widmet sich außer der Lektüre antiker Literatur hauptsächlich dem Zeichnen.
Wie in allen anderen Bereichen und Interaktionen wirkt der 15-jährige auch im Kontakt mit dem Vater eher wie ein (gut entwickelter) junger Erwachsener – sowohl was den Inhalt, als auch die Form der Gespräche angeht.
In den Beziehungen zu den Personen, die auf der “offiziellen” Seite des Schiffs residieren, werden jeweils andere (geschichtliche, philosophische, existenzielle) Bereiche und Perspektiven thematisiert, mit denen sich wiederum der Junge selbstreflektierend beschäftigt. Nach und nach entwickeln sich fast gleichberechtigte Freundschaften zu diesen Erwachsenen.

Um es mal anders auszudrücken: Es wirkt alles ziemlich fremd, künstlich und gestelzt. Kaum ein Leser könnte sich vermutlich auch nur annähernd vorstellen, in diesem Alter (oder überhaupt als junger Mensch) so drauf gewesen zu sein.
Verunsichert wird dieses ungewöhnliche Weltbild durch einen relativ jungen Bediensteten, der das “reale” Leben in diesen abgeschotteten Elfenbeinturm hineinträgt – in Form von “Drugs and Sex and Rock ‘n Roll” (wobei ausgerechnet die harmlosen Beatles und ihr sanftes Liedchen “Penny Lane” als Ausgeburt der alternativen Gegenkultur hochstilisiert werden). Immerhin ermöglicht dieser junge Mann den Kontakt zum anderen Geschlecht – und damit einen Riesenschritt in eine bisher völlig unbekannte Erlebniswelt.
Um es abzukürzen: Es ist ein besonderer Entwicklungsroman, eingebettet in griechische Dichtungen, Altherren-Gespräche und literarische, historische bzw. geographische Betrachtungen.

Was könnte reizvoll sein, an diesem Roman?
Es gelingt ORTHEIL (der einfach ein sehr guter Erzähler ist), den Leser nach und nach einzuweben in diese kleine, überschaubare und abgeschlossene Welt. Der Detailreichtum, die fein nuancierten Beobachtungen erzeugen eine fast meditative Atmosphäre. Als Reaktionen bleiben nur das Abwenden in genervter Langeweile oder das entspannte Sich-Einlassen auf das Tempo, auf den Rhythmus, auf die Wiederholungen.
Man sollte sich Zeit nehmen für diesen Roman; mit einem Durchhecheln wird man dem Stoff und der literarischen Umsetzung nicht gerecht.

Bei aller Wertschätzung, eine kleine Warnung sei ausgesprochen: Wer mit (heute eher ungewohnten) Bildungsbürger-Perspektiven gar nichts am Hut hat oder gar einen “normalen” zeitgeschichtlichen Einblick in die späten 60-iger Jahre sucht, findet das in diesem Buch sicher nicht.
Wer jedoch einen kunstvollen Blick auf eine außergewöhnliche Biografie eines sehr früh gereiften jungen Mannes werfen will, kann gerne zugreifen.

“Fühlen, was die Welt fühlt” von Joachim BAUER

Bewertung: 3.5 von 5.

Der Autor ist ganz offensichtlich ein sympathischer und engagierter Mensch (Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut) und sein neues Buch beschäftigt sich mit einem, vermutlich dem existenziellen Thema der Gegenwart. Und das so aktuell, dass die Corona-Pandemie schon eine nennenswerte Rolle spielt.
Als halbwegs informierter Leser neige ich dazu, sowohl seiner Bestandsaufnahme, als auch seinen Schlussfolgerungen fast ausnahmslos zuzustimmen.
Warum bin ich nicht vollständig überzeugt oder sogar begeistert?

Beginnen wir mit der Problemanalyse: BAUER nennt einen großen Teil der bekannten Fakten zur Situation unseres Planeten (Klima, Landwirtschaft, Artensterben, Vermüllung, Armut, usw.). Er tut das in sehr komprimierter, gut verständlicher Form; er gibt auch die jeweiligen Quellen an. Das ist alles prima, macht dieses Buch aber nicht zu etwas Besonderem.

Der Autor schreibt klar und gut lesbar. Er hat eine persönliche Mission und hat sich dem Weg der Überzeugung verschrieben. Er argumentiert, setzt Fakten in Zusammenhänge, beschreibt Folgen nicht nüchtern, sondern durchaus emotionalisierend.
Das erscheint mir alles nachvollziehbar, angemessen und legitim.

Aus all dem ein eigenes Buch zu machen, basiert letztlich auf einer zentralen Idee, sozusagen als Alleinstellungsmerkmal. BAUER hat sich das Phänomen der Empathie ausgesucht, um rund um dieses (psychologische) Konzept sowohl die Ursachen, als auch die Lösungen für die drohenden Umweltkatastrophen zu ergründen.
Die entscheidende Frage ist daher: Wie überzeugend ist dieser Ansatz?

Klar ist: Wir brauchen mehr als Faktenvermittlung, um die notwendigen Transformationen in Richtung Nachhaltigkeit im Denken und Handeln der Menschen in Gang zu bringen. Wir brauchen eine positive Erzählung, ein Narrativ, das auch die Emotionalität anspricht.
So ein Narrativ bietet der Autor an.

Kurz gesagt lautet es: Wir haben die Empathie gegenüber der Natur verloren. Statt uns in einer lebendigen und resonanten Austauschbeziehung zu erleben, uns eingebettet und als Teil des Ganzen zu fühlen, haben wir uns daran gewöhnt, die Natur und ihre Ressourcen zu funktionalisieren, zu instrumentalisieren und bis zur Erschöpfung bzw. Zerstörung auszubeuten.
Immer wieder macht BAUER darauf aufmerksam, dass wir in diesem Prozess auch eine psychische und emotionale Entfremdung vollzogen haben: Das empathische Mitfühlen mit unseren tierischen und pflanzlichen Mitgeschöpfen, mit dem Gesamtsystem der Natur ist uns verloren gegangen. Gleichzeitig leiden wir selber darunter, dass uns den tragenden und heilenden Kräften der Natur immer mehr entzogen haben. Dass diese Kräfte geradezu therapeutische Wirkung haben können, macht er auch anhand wissenschaftlicher Befunde deutlich.

Der Autor reichert diese Analyseebene noch durch eine Prise Philosophie an: Was würde sich da besser eignen als die KANTsche Vernunftsethik, die hier ganz schnell zu einer ökologischen Ethik erweitert wird.
Auch eine gesellschaftliche Perspektive fehlt nicht: BAUER beschreibt u.a. die mediale Spaltung und das Entstehen narzisstischer Affektgruppen, die letztlich In Egoismus, Fanatismus und Verschwörungsmythen enden.
Es wird damit auch deutlich: So ganz alleine trägt die Empathie-Perspektive nicht durch das ganze Thema und das ganze Buch.

Möglicherweise spricht diese Idee von der Natur-Empathie aber Menschen persönlich an, die sich in einem sehr basalen Sinne als naturverbunden fühlen. Insofern hat dieser Zugang, dieses Narrativ, durchaus seine Berechtigung.
Für die bereits auf anderen Wegen Überzeugten trägt der Gedanke einer empathischen Wechselbeziehung mit der Natur nicht unbedingt etwas Bedeutsames bei. Dass sich diese Perspektive zu einer großen Kern-Botschaft entwickeln könnte, halte ich eher für unwahrscheinlich.
Aber einen Versuch ist es ja wert!



“Mr. Mercedes” von Stephen KING

Bewertung: 4 von 5.

Ich lasse mal meine grundsätzliche Ambivalenz gegenüber den Werken von KING beiseite und konzentriere mich auf diesen Roman, den ich als Hörbuch konsumiert habe. Er wird inzwischen als erster Band einer Trilogie bezeichnet – verbunden durch den pensionierten Kriminalbeamten Bill Hodges als Ermittler.

Motiviert hat mich vor allem, dass ein KING ohne Mystik und Horror angekündigt wurde. Das entspricht genau meinem Beuteschema. Dass ich nicht ohne explizite Schilderungen von Gewalt davonkommen könnte, war mir natürlich klar. Darüber werde ich mich deshalb auch nicht beklagen.

Der im Titel genannte Mercedes diente einem psychisch gestörten jungen Mann als Tatwaffe bei einer Amok-Fahrt. Sein Gegenspieler, der Cop Hodges, leidet sehr darunter, dass er dieses Verbrechen vor seinem Dienstende nicht aufklären konnte; auch sonst gibt sein Leben als Ruheständler nicht mehr viel her.
Der Auto-Mörder findet Gefallen daran, noch eine ordentliche Portion Salz in diese offene Wunde zu streuen und eröffnet damit einen Zweikampf auf Leben und Tod.

Natürlich bevölkern noch ein paar andere Figuren diesen klassischen Gut gegen Böse-Plot. Das ist auf der einen Seite die Mutter des Täters (wie zu erraten keine so ganz unproblematische Person); auf der anderen Seite treten gleich eine ganze Handvoll von Sympathieträgern auf, die mehr oder weniger aktiv in die Jagd auf den Psychopathen einbezogen werden. Auch die Romantik bleibt dabei nicht außen vor.

Mit der Beschreibung der erzählerischen Qualitäten von KING würde man jeden Bücherfan langweilen. Es ist bekannt, dass der Autor eher eine einfache, klare Sprache nutzt, originelle Metaphern einsetzt und gekonnt Spannungsbogen inszeniert.

Auch in diesem Roman wird wieder ein (vermeintlicher?) Widerspruch deutlich: KING kann sowohl mit einer geradezu fanatischen Detailliertheit sadistische Fantasien und Gewalthandlungen schildern, erweist sich an vielen anderen Stellen aber mit großer Empathie als menschenfreundlicher Erzähler, der einem die Rührung in die Augen treiben kann. Ein Meister der heftigen Emotionen! (Wobei er nach meinem Geschmack an dem einen Ende ruhig ein paar extreme weglassen könnte).

Besonders sympathisch und überzeugend fand ich den liebevollen Blick auf die Figuren, die gerade durch ihre kleinen und großen Schwächen eben nicht in das klassische Heldenschema passen. Man muss nicht perfekt sein, um auf der richtigen Seite zu stehen!

Streiten könnte man allenfalls darüber, wie psychologisch oder psychopathologisch stimmig die Biografie des Mr. Mercedes bewertet wird. Dass man da bei einem so extremen Typen nicht ganz ohne die einschlägigen Klischees auskommt, ist wohl unvermeidlich (und letztlich auch nicht unrealistisch).

Insgesamt eine spannende und emotionale Geschichte, von einem Erzähl-Genie serviert.
Wer vor den “harten” Stellen nicht zurückschreckt, wird hier bestens bedient.
Natürlich ist und bleibt es Unterhaltungsliteratur – aber das weiß jeder KING-Leser.

Zwei Worte zur Hörbuch-Bearbeitung: David Nathan!
Für Hörbuch-Kenner ist damit alles gesagt. Alle anderen sollten es einfach mal ausprobieren.

Jetzt zurückhaltend regieren?

Seit einigen Minuten ist es amtlich: Der nächste Präsident heißt Biden.

Ich will hier und heute kein einziges Wort über die Vorgänge des letzten Tages verlieren. Ich werde auch nicht über Trump schimpfen und darauf herumreiten, dass doch jede/r wissen konnte, um welche Sorte von Person es sich handelt.

Was mich antreibt sind die ersten Kommentare und Ratschläge in deutschen Medien, die davor warnen, dass die neue Regierung von ihrer Macht zu stark gebrauch machen könnte.

Mir verschlägt es die Sprache!

Wir hatten mit Obama einen Präsidenten, der acht Jahre lang versucht hat, die Spaltung des Landes zu überwinden. Er hat – insbesondere in der ersten Amtszeit – auf die Durchsetzung von Zielen seiner Partei verzichtet, um eine größtmögliche Kooperationsbasis zu schaffen. Er hat eher gemäßigte und konservative Leute in seinen Stab geholt, um den Republikanern die Zusammenarbeit zu erleichtern.
Das Ergebnis: Eine Radikalisierung dieser Partei, der es durchweg nicht mehr um inhaltliche Ziele, sondern um ein Scheitern dieses zutiefst abgelehnten Präsidenten ging.

Jetzt stehen wir am Ende von vier Jahren, in denen Polarisierung um jeden Preis zur offiziellen Regierungspolitik wurde und wir im Moment gerade froh sind, wenn ein gewählter Präsident ohne Bürgerkrieg ins Amt gelangen kann.

Und jetzt sollen die Demokraten darauf verzichten, demokratische Politik zu machen, um das Land wieder zu einen?!
Wie lange soll man denn “mehr desselben” tun? Wie lange soll noch die eine Hälfte der anderen hinterher rennen, die gleichzeitig immer weiter in die Extreme läuft?
Selbst wenn man so edel und moralisch wäre, die Kompromissbereitschaft immer nur von der einen Seite her anzubieten: Es hilft ja nicht!!!

Ich würde es für richtig halten, einem alternativen Politik- und Gesellschaftsmodell endlich auch Raum zu geben, es sichtbar werden zu lassen. Dass das ausgerechnet in den USA zu radikal werden könnte, ist doch ein völlig absurder Gedanke. Gerne kann man dabei auf Triumphgeheul und Provokationen verzichten.
Aber es kann doch nicht angehen, dass der Trumpismus jetzt weitere vier Jahre in abgeschwächter Form weitergeführt wird, wegen des – zum Scheitern verurteilten – Versuchs, seine Wähler rücksichtsvoll und sanft einzupflegen, sie nur nicht aufzuregen.
Viele dieser Menschen wird man nicht einfangen können. Man kann Ihnen nur dadurch den Einfluss nehmen, dass neben Ihnen eine andere Gesellschaft mit anderen Werten entsteht und funktioniert.
Und dazu muss dann auch die vorhandene Macht eingesetzt werden.